Plant Brasiliens Opposition Chaos im Land zu verbreiten?

Zuletzt bearbeitet: 31. Oktober 2014

Plant Brasiliens Opposition Chaos im Land zu verbreiten, um die Wiederwahl von Präsidentin Dilma Rousseff im Oktober zu verhindern?

Es gibt eine Tatsache, mit der praktisch alle politischen Analytiker übereinstimmen: in einem fairen Wettstreit wird es wenig Chancen für die Kandidaten der Opposition geben, um Präsidentin Dilma Rousseff bei der Präsidentschaftswahl im Oktober zu schlagen. Diese Chance kann sich nur verwirklichen, wenn das Gefühl des “Wohlergehens” (sozialen Aufstiegs/Sicherheit), erreicht durch hohe Beschäftigungszahlen und steigende Löhne, zunichte gemacht würde.

Aber wie vernichtet man eine Wirklichkeit, die die Mehrheit der brasilianischen Bürger schon in den Adern spürt, eine Mehrheit, die heute schon zur unteren Mittelklasse gehört, die ihre Kinder jetzt als erste in der Familie ein Universitätsstudium absolvieren sieht, die das erste Auto kauft, ein Haus kauft oder renoviert, deren Löhne im Ansteigen sind?

An erster Stelle träumen die, die der regierenden Arbeiterpartei PT nach zehn langen Jahren politischer Hegemonie die Macht nehmen wollen, von einer breiten Front der Opposition aus Linken und Rechten gegen die Regierung von Dilma Rousseff. Die PSDB (Sozialdemokratische Partei Brasiliens, hier aber konservativ orientiert), die DEM (Die Demokraten-Mitte, aber rechts), die PSB (Sozialistische Partei Brasiliens), die PSOL (Partei Sozialismus und Freiheit) und die PSTU (Vereinigte sozialistische Arbeiterpartei) sind im Dialog mittels Verbindungspersonen und einigen sich über minimale Berührungspunkte und eine gemeinsame Strategie.

Eine formale Front, die augenscheinlich so verschiedene Parteien vereinen soll, ist nicht machbar. Das käme sowohl auf der linken als auch auf der konservativen Seite schlecht an. Aber eine Zusammenarbeit in der Redeweise und in den Taktiken, die verwendet werden, um – frei übersetzt – den “Wohlfühl-Faktor” zu annullieren, wäre denkbar.

Aber wie macht man die Bürger vergessen, dass in einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit immer so hoch war, dass die Firmen sogar studierten Ingenieuren Hungerlöhne zahlten, heute jeder Beschäftigung findet? Wie macht man den Bürger das Auto vergessen, das er jetzt in der Garage stehen hat oder den Sohn, der als erstes Familienmitglied einen Hochschulabschluss erreichen wird?

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Während der Strassenproteste, die das Land im vergangenen Juni überzogen haben, wurde bewiesen, dass es möglich ist, ein ganzes Land zu hypnotisieren. Angesichts einer perplexen Welt schien das Land, das am meisten in der besseren Verteilung der Einkommen, der Reduzierung der Armut, in der Erzeugung von Arbeitsplätzen, im Wachstum der Kaufkraft vorangekommen ist und das der grössten Finanzkrise seit ca. hundert Jahren getrotzt hat, einem der arabischen Länder gleich, in denen grausame Diktaturen durch grosse Proteste vom hungrigen und perspektivlosen Volk gestürzt wurden.

Der erschreckende Absturz der Zustimmung zu Dilma Roussef’s Regierung in einem Zeitraum von nicht einmal 30 Tagen zeigte, dass es möglich ist, ein Land all’ das vergessen zu machen, was es dank seiner Regierungen in den letzten 10 Jahren erreicht hat.

Theoretisch würde es also genügen, diese sogenannten “Juni-Märsche” neuaufzulegen, um die aktuelle Präsidentin zu stürzen. Die Parteien, die “Technologie” besitzen, um die Massen auf die Strassen zu bringen – PSOL und PSTU (beide links) – und die jedwede Art von Leuten benutzen, um die Proteste aufzubauschen, inkl. Neonazis, Punks, Skinheads etc. – würden die ganze Arbeit tun und die konservativen Parteien könnten dann einfach nur auf die “Unzufriedenheit des Landes” mit “dieser Regierung” hinweisen.

Während die Opposition der Linken die Strassen mit linken Militanten und rechten Psychopaten füllte, um “generelle Unzufriedenheit” vorzutäuschen, bedienten sich die Rechten mit den Mediengruppen, die sie unterstützen, um Brasilien im Ausland in Misskredir zu bringen. Immer mit der (realen) Möglichkeit im Auge, es könne einen Umschwung in der internationalen Krise geben, die die reichen Länder aus der Schusslinie brächten und Schwellenländer eben in dieselbe Schusslinie positionierten.

Kürzlich hat ein Journalist der “Folha de São Paulo”, einen “perfekten Sturm” zitiert, der dieses Jahr über Brasilien hereinbräche und alle bisherigen Errungenschaften (“Wohlfühl-Faktor “, Sicherheit) im Gedächtnis der Menschen auslöschte.

Theoretisch bestünde der “perfekte Sturm” des Journalisten darin, dass die USA die Zinssätze erhöhten, die heute fast bei Null sind, um das Wachstum einer kranken Ökonomie zu stimulieren. Mit diesem Anstieg der Vergütung des Kapitals in den USA gäbe es eine Abwanderung von Dollars aus Brasilien und mit weniger Dollars auf dem Markt würde der Real entwertet, was eine Inflation auslöste.

Während die “Black Blocs” (organisierte, militante Demonstranten) die Touristen erschreckten und Brasilien mitten in der Fussball-WM blamieren würden und das auch noch den Kampfgeist der brasilianischen Nationalelf schwächen könnte, was die Tragödie vervollständigte, in dem sie schlecht spielten und die WM daheim verlören, würden die Preise explodieren, die Unternehmer bekämen Panik und in diesem Moment kämen die Medien zum Zug, die in solchen Situationen immer noch irgendeinen “Skandal” in der Hinterhand haben und sie gegen die Regierungen der Arbeiterpartei PT ausspielen, vor allem im Wahlkampf.

Was jedoch der Kolumnist der “Folha de São Paulo” und diejenigen, die seine Theorie vom “perfekten Sturm” billigen nicht bedenken ist, dass Brasilien den Unbilden der internationalen Ökonomie während des ganzen vergangenen Jahrzehnts widerstanden hat. Dank der immensen Investitionsmöglichkeiten in unserem Land könnte die “Dollarflucht” vielleicht nicht ins Gewicht fallen, selbst wenn die USA die Zinsen erhöhen sollten.

Darüber hinaus werden die Investitionen im Laufe diesen Jahres steigen, selbst wenn die Einfuhr an Dollar sinken sollte. Vor allem wegen der Investitionen im Öl-Feld Libra (Rio de Janeiro vorgelagert), das vor Kurzem zur Nutzung für 25 Jahre versteigert wurde. Nebenbei gesagt kommen die Firmen, die die Versteigerung gewannen, aus Brasilien (Petrobras), England-Holland (Shell), Frankreich (Total) und China.

Was wirklich beunruhigt ist, dass es in den eigenen Reihen der Arbeiterpartei PT Leute gibt, die bereit sind, sich der Opposition von Links anzuschliessen. Kürzlich hat ein Präsidentschaftskandidat vorgeschlagen, die Wiederwahl von Dilma Rousseff für eine Agrar-Reform zu opfern. Vermutlich dachte er, es sei möglich, 500 Jahre Konzentration von Grossgrundbesitz im Laufe des Jahres 2014 umzukehren. Und liess ausser Betracht, dass die Rückkehr der Konservativen an die Macht alle Errungenschaften zunichte machen würde.

Obwohl jedoch selbst die PT eine linke Regierungs-Opposition in ihren Reihen hat, obwohl die Opposition in anderen linken Parteien nur an Rache an den Mitte-Links-Gruppierungen denkt, die heute die Regierungspartei dominieren und die Gründer der PSOL, PSTU etc. hinausgeekelt haben und obwohl es das Risiko gibt, dass die USA die Zinsen erhöhen könnten, hat die Regierung noch einen Trumpf in der Reserve.

Trotz des enormen Abfalls in der Popularität von Dilma Rousseff, die von den Demonstrationen im Juni 2013 herrührte, hat die Weiterführung der sozialen Regierungsprogramme und die ökonomischen Massnahmen, die einer grossen Mehrheit zugute komme, diesen Abfall aufgefangen.

Genau wie “Minha Casa, Minha Vida” (ein soziales Wohnungsbau-Programm), wie die Reduzierung der Strompreise oder wie die von staatlichen Banken organisierte Senkung der Zinsen, hat die Regierung nicht aufgehört, Programme, die dem Grossteil der Bevölkerung zugute kommen, zu installieren. Das Programm “Mais Médicos” (importierte Ärzte für das öffentliche Gesundheits-System) ist das neuste dieser Serie. Somit hat sich der Sturz in der Beliebtheit Dilma Roussef’s umgekehrt und sie führt schon als Favoritin im Oktober diesen Jahres.

Es steht also der politische Rahmen für die Präsidentschafts-Wahlen 2014. Wieder einmal wird zwischen Vernunft und Emotionen gestritten werden, wie 2002, 2006 und 2010. 2002 gewann “Lula” (Luís Inácio Lula da Silva) dank der Vernunft: nachdem Fernando Henrique Cardoso (“FHC”, der konservativen PSDB) 1988 wiedergewählt wurde. Er hatte als Wahlversprechen beschworen, dass er den Real nicht entwerten würde. Doch schon im ersten Monat seines 2. Mandats hat er dieses Versprechen gebrochen. Das Volk war rational und hat ihm und seiner Partei PSDB, die es betrogen hat, die Macht entzogen.

2006 wurde Lula wiedergewählt entgegen der Aufregung, die im Land gegen die “Korruption” der PT verbreitet wurde, der angebliche Skandal des “Mensalão”(Bestechungsgelder). Wieder einmal blieb die Vernunft an der Vorherrschaft. Die Gesellschaft zog die Fortschritte, die sie schon im Alltag spürte den Moralpredigten vor, die versuchten, Lula ohne irgendeinen Beweis in einen Korupten zu verwandeln.

2010 wurde Dilma Rousseff Lula’s Nachfolgerin aufgrund der enormen sozialen Errungenschaften, die seine Regierung dem Land erarbeitet hat. Die Löhne steigend, neu entstehende Arbeitsplätze überall, die Armut und Ungleichheit auf Talfahrt und die internationale Führungsrolle Brasiliens schlugen den religiösen Fundamentalismus und das Netz von Intrigen, an das sich José Serra klammerte, um zu versuchen, seine Gegnerin zu vernichten.

Die Vernunft schlägt also die Emotionalität seit über 10 Jahren. Aber diese Rationalität wurde im Juni 2013 durch ein pyrotechnisches Spektakel unterbrochen, das spontane Protestanten und die Opposition organisierten. Die einen, weil es ihnen an Weitsicht fehlte, die anderen aus purer Absicht.

Was uns jetzt interessiert ist deshalb, zu erfahren, ob die Gesellschaft, nachdem sie aus der Katharsis im vergangenen Juni aufgewacht ist, von neuem eingeschläfert werden kann? Hat das Volk etwas daraus gelernt, dass all’ diese Pantomime in Nichts geendet ist? Wird die Demoralisierung der Taktik aus Schlägereien das Volk resistent gegen die politisch-ideologischen Drogen machen, die sie ihm einimpfen wollen?

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Quelle: Eduardo Guimarães

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AutorIn: Ursula Barros Penharvel · Bildquelle: AgenciaBrasil

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