Orchideen S.O.S.

Zuletzt bearbeitet: 20. Dezember 2021

Die unkontrollierte Ausbeutung von Orchideen durch Händler, Geschäftemacher und Sammler hat die hochentwickelten, kostbarsten Pflanzen in ihrem natürlichen Habitat in Bedrängnis gebracht – wenn ihnen keine schützenden Gesetze zu Hilfe kommen, werden sie aus der freien Natur verschwinden.

RJ Jardim Botanico Orchidee – Foto: sabiá brasilinfo

Rio de Janeiro, Heiligabend 1835: Zum ersten Mal überquert ein Dampfschiff den Atlantischen Ozean und erreicht die Hauptstadt der brasilianischen Kolonie. Unter den Passagieren auch drei Männer, die aus Anvers, in Belgien, in einer besonderen Mission unterwegs sind, im Auftrag des belgischen Gouverneurs Barthelemi du Montier. Koordinator der Expedition ist der Botaniker Jean Jules Linden, er reist zusammen mit dem Zeichner Nicolas Funck und dem Naturalisten Auguste Geesbreight. Nach einundeinhalb Jahren unterwegs in den Provinzen Rio de Janeiro, Espirito Santo, Minas Gerais und São Paulo, kehren die Drei beladen mit üppigen botanischen und zoologischen Sammlungen in ihr Land zurück. In Brüssel arrangiert man ihnen zu Ehren sogar eine Ausstellung.

Es war nicht das erste Mal, dass die Kolonie eine solche ausbeuterische Mission von botanischem Anstrich empfing. Die so genannte “Neue Welt“ wurde gleich nach ihrer Entdeckung in die Route solcher Expeditionen aufgenommen. Und die Orchideen standen auf der Liste der ersten Pflanzen, welche von kommerziellen Unternehmen, Sammlern und botanischen Institutionen Europas ausgebeutet wurden. Und aus jenen Jahren stammen die Anfänge einer Ausbeutung, die bis heute in der brasilianischen Kultur verwurzelt ist. Mit der Multiplikation der Bewunderer und Sammler – der Orchdeophylen dieser Welt – entwickelte sich die einfache Mitnahme wilder Orchideen aus der Natur zu einer der gefährlichsten Bedrohungen für den Fortbestand verschiedener Spezies, zusammen mit dem Verlust durch die unkontrollierte Abholzung der Wälder und damit ihrem natürlichen Habitat.

Die menschliche Angewohnheit der Züchtung von Hybriden – nicht immer unter der nötigen Vorsicht einer Isolation dieser “Mixturen“ von ihren wilden Originalen – ist eine weitere Bedrohung der genetischen Reserven der Orchideen. Gegenwärtig kennt man zirka 20.000 Orchideenarten in der Welt – und zirka 100.000 Hybriden. In Brasilien liegen die Schätzungen bei 3.000 Arten der Familie Orchidaceae. Es handelt sich um eine der reichsten Pflanzenfamilien innerhalb der Flora tropischer Wälder – ein Grund mehr, den Exzess ihrer Ausbeutung und die Vernichtung der Wälder zu stoppen.

Cattleya nobilior
Cattleya walkeriana f. semi-alba “Linda”
Cattleya lueddemanniana semi alba ‘ Mamacita ‘
Cattleya lueddemanniana semi alba ‘ Mamacita ‘
Cattleya lueddemanniana semi alba ‘ Mamacita ‘
Cattleya lawrenceana at home.
Cattleya Carmem Wenzel “Fireball”
Flowers
Gorgeous colours
Its very first flower
In all its splendour
Breen's Jenny Ann
Cattleya Walkeriana
C. Nancy Off 'Linwood' AM/AOS
Cattleya schroederae
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Ausser der “Säuberung“ des von Lianen und Dickicht verschlungenen Waldes, welche das ideale Ambiente der Orchideen vernichtet, studieren die Forscher auch die Folgen einer Fragmentierung der Wälder durch das koordinierte Fällen von Edelhölzern. “Es macht keinen Sinn, ein Reservat einzurichten, mit der Vorstellung, dass man dadurch eine gewisse Spezies schützt, wenn man nicht weiss, ob sie ihrerseits in diesem Ambiente entsprechende physische Bedingung zu ihrer Entwicklung findet“, sagt der Reproduktions-Spezialist für Orchideen, Rogério Mamoru Suzuki, vom Orchideen-Trakt des Instituto de Botânica von São Paulo. “Man muss zuerst einmal sämtliche biologische Mechanismen kennen, welche der Reproduktion der Spezies dienen“. Wie Suzuki erklärt, sind Orchideen anspruchsvolle, spezialisierte Pflanzen, und deshalb leiden sie besonders unter den Interferenzen in den primitiven Wäldern. In den meisten Fällen gelingt ihre Fortpflanzung in Sekundärwald nicht.

Diese Tatsache kann man in den vielen Waldfragmenten des Bundesstaates São Paulo überprüfen, die zwar reich an Bäumen sind, aber ohne jene diversen Epiphyten-Arten (Pflanzen, welche die Bäume als Stützen benutzen, ohne deshalb Parasiten zu sein), typisch für den originalen Regenwald und Indikatoren für die Gesundheit desselben – zusammen mit den Orchideen.

Die vegetative Verbreitung der Orchideen unter natürlichen Bedingungen ist sehr schwierig und einzigartig. Sie besitzen Früchte in Form von Kapseln, die in der Lage sind, bis zu drei Millionen Samen pro Pflanze zu speichern. Dieser scheinbare Exzess ist eine “intelligente“ Strategie der Orchidee, um zu überleben, denn diese Samen besitzen keine Reserven (Endospermien) und keimen nur an Stellen, an denen sie ein ihnen genehmes Ambiente vorfinden. Wenn die Samenkapsel explodiert, setzt die Natur auf viele verschiedene Möglichkeiten in der Absicht, dass wenigstens ein paar unter den Millionen auf einen idealen Platz zum Keimen fallen mögen.

Und das ist noch nicht alles: Wie Mamoru Suzuki erklärt, existiert am idealen Keimort auch ein Pilz, der mit dem Orchideensamen in Symbiose lebt – er entwickelt sich zusammen mit der neuen Pflanze. Alles ist eine Frage der Kombination glücklicher Zufälle mit idealen Bedingungen. Hat man das erst einmal begriffen, begreift man auch die tatsächliche Bedeutung der Unterhaltung natürlicher Lebensräume und des Verbleibs der Arten in diesem Habitat – wo sie ihre richtige Feuchtigkeit haben, ihre ideale Beleuchtung und den speziellen Pilz zur Vervollständigung ihres Entwicklungszyklus.

Den diffizilen Mechanismen der Samenverbreitung und ihrer Keimung steht die Komplexität der Befruchtung der Pflanze in nichts nach, und man begreift, warum die Orchidee zu den anspruchsvollsten Vertretern des Pflanzenreichs gehört: Ihr reproduktives Organ ist einzigartig – sie besitzt beide Geschlechtsmerkmale, das männliche und das weibliche, zusammen und dicht nebeneinander. Trotz dieser Nachbarschaft vollzieht sich die Befruchtung nur mit Hilfe der Fauna – zum Beispiel mittels verschiedener Gruppen von Insekten – Schmetterlingen, Käfern, Nachtfaltern, Bienen, Fliegen – einigen Kolibriarten und durch Fledermäuse.

Cattleya eldorado
Cattleya eldorado
Orchid
Orquidea da Amazônia
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Ein klassisches Beispiel einer Interaktion zwischen Orchidee und Bestäuber in Amazonien wird von Forschern des Botanical Garden in Kew (England) beschrieben, es illustriert die Bedeutung eines ausgeglichenen Ambientes. Die Studie untersuchte die Zusammenhänge zwischen Paranuss-Bäumen – Castanheiras (Bertholletia excelsa), der Orchidee Cattleya eldorado und der Reproduktion der Biene, Befruchterin von beiden. Die Blüten werden nur von der männlichen Biene besucht – er selbst produziert kein Pheromon (Geruchssekret) um die weibliche Biene anzulocken. Also holt er sich von der Orchidee das Parfum für seine Biene, um sie zu stimulieren und mit ihr zu kopulieren. Die Waldrodung vernichtet die Orchidee, und das bedeutet auch das Aus der Biene – und zieht einen Rückgang der Paranuss-Produktion nach sich.

Ein anders Beispiel der erdgebundenen Orchideen der Familie Ophrys, in der Mittelmeerregion: Die Orchidee imitiert perfekt das weibliche Tier des sie befruchtenden Insekts (unterschiedlich bei jeder Spezies derselben Familie), und sie sendet sogar einen ähnlichen Duftstoff aus, der das Insektenmännchen vollkommen korrumpiert. Es kopuliert mit der Imitaten und transferiert so den Pollen zur nächsten Orchidee und vollendet damit deren Befruchtung.

In Brasilien studieren verschiedene Forscher die Besonderheiten einer Befruchtung von nativen Orchideen – mit besonderem Gewicht auf den Einfluss von Aromen in diesem Prozess. Seit 76 Jahren arbeitet das Orchidarium des Staates auf diesem Gebiet. Sein Gründer und Koordinator, der Naturalist Frederico Carlos Hoehne, hat die Institution für den Publikumsverkehr geöffnet in der Absicht zu beweisen, dass die brasilianische Flora ein grosses Potenzial für die Landschaftsgestaltung besitzt – denn bisher hatte man sich dazu stets importierter Pflanzen aus anderen Ländern bedient. Seit seiner Gründungszeit hat sich Hoehne bemüht, andere native Pflanzen aus allen Teilen des Landes anzukaufen, um die Kollektion des Instituts zu erweitern und viele dieser Pflanzen vor der Ausrottung zu bewahren.

RJ Jardim Botanico Orchidee – Foto: sabiá brasilinfo

Heute verfügt das Orchidarium über mehr als 17.000 registrierte Pflanzen – aus 700 unterschiedlichen Arten – fast so viele, wie man insgesamt im Bundesstaat São Paulo vermutet (800 Arten). Die Präsenz einer so grossen Diversifikation im meist industrialisierten Bundesstaat des Landes steht in direktem Verhältnis zur Pflege der letzten Bestände Atlantischen Regenwaldes, Restinga-Waldes und stationären Waldes im Interior dieser Region. Mindestens bis 1930, als die Wälder anfingen zu “schrumpfen“, um den riesigen Kaffee-Fazendas Platz zu machen. Das Orchidarium, gegründet 1929, war die Rettung für unzählige Arten.

Zum Beispiel auch der Cattleya jongheana, die in der Natur seit mehr als einem Jahrhundert als ausgestorben gilt, und sich im Orchidarium vermehrt. In den letzten 80er Jahren wurde die Pflanze in der Serra do Itambé (Minas Gerais) wiederentdeckt – aber die Plünderung durch geldgeile Naturschänder hat sie erneut auf die Liste der Ausgestorbenen gesetzt.

Die in São Paulo kultivierte Gruppe der Cattleya jongheana entstand aus einer Beschlagnahmung des “Brasilianischen Instituts für Umwelt und natürlichen, erneuerbaren Ressourcen (IBAMA)“ bei einer illegalen Plünderung ihres natürlichen Bestands durch Orchideophyle. “Das ist das Problem von Orchideophylen und solchen Typen, die Orchideen sammeln“ – kommentiert der Chef des Orchidariums von São Paulo, Eduardo Luis Martins Catharino – “sie haben manchmal tatsächlich keine Ahnung von der Zerstörung, die eine grosse Sammlung unter einer natürlichen Population anrichtet. Eventuell ist die geografische Verbreitung genau dieser Pflanze, die sie plündern, so begrenzt, dass ihre illegale Tätigkeit genügt, um die Spezies auszurotten“!

An der Mikro-Orchidee Laelia alaori wiederholt sich die Geschichte der Cattleya jongheana. Sie ist eine kleine und äusserst seltene Orchidee, beschrieben 1986 von einem Mitarbeiter des Orchidariums von Piracicaba, im Interior von São Paulo. Kaum war sie entdeckt worden – bei einer Sammlung im Süden Bahias – war sie auch schon verschwunden, registriert als ausgerottet. Vor kurzer Zeit hat man dann plötzlich eine kleine natürliche Population derselben Spezies im Bundesstaat Minas Gerais entdeckt – und nach dort rannten die Sammler aus Espirito Santo, und sie plündern sie zu Tausenden. Die Orchidee kam wieder auf die Liste der bedrohten Arten wegen der unkontrollierten Sammlung.

Der Verlust der Orchideenarten in den letzten Jahrzehnten ist nirgends tatsächlich registriert, aber es ist nicht unmöglich, ihn in etwa zu dimensionieren: Anfang des vergangenen Jahrhunderts war der Bundesstaat São Paulo zu 80% von Wald bedeckt – heute sind es weniger als 5%. Die Arten im gesamten Bundesstaat, wenn nicht ganz ausgerottet, erlitten einen Verlust von 95%. “Es existiert bereits eine genetische Deflektion der Pflanzen, welche mehr als 80% der Orchideenarten betrifft. Dies ist weniger sichtbar als der Prozess einer Ausrottung von Tieren“, ergänzt Catharino. “Bei der Reduktion einer Population von 100.000 Tieren auf 1.000 entstehen Probleme der Blutsverwandtschaft, und auf längere Sicht ist das Überleben der Tiere gefährdet. Ich glaube, dass dies auch bei den Pflanzen geschieht, jedoch ist diese Theorie noch nicht erforscht. »

Cattleya loddigesii
Pink and blue
Cattleya loddigesii 'Blue Sky'
Cattleya Loddigesii¹
Cattleya Loddigesii
Cattleya heathii 'Baker's Blue dream'
Cattleya heathii 'Baker's Blue dream'
C. loddigesii tipo
Expo Congonhas 2013 140
Expo Congonhas 2013 136
Expo Congonhas 2013 117
Expo Congonhas 2013 105
Expo Congonhas 2013 102
Expo Congonhas 2013 087
Expo Congonhas 2013 086
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Die Spezies Cattleya loddigesii, bis vor kurzem leicht anzutreffen in den Bundesstaaten São Paulo, Rio de Janeiro und Minas Gerais, wird inzwischen selten in ihrem natürlichen Ambiente. Sie steht noch nicht auf der Liste der bedrohten Arten, kann aber bereits als verletzlich gelten: Sie kann sich nämlich in der Natur nicht mehr ohne menschliche Hilfe weiter ausbreiten. Ausser dem Druck auf die Waldgebiete, in denen sie vorkommt – durch Rodung und Ausbeutung – wird sie zusätzlich von der urbanen Expansion bedroht: eine kleinere Population hat man im Becken des Embu Mirim , in Itapecirica da Serra, entdeckt, einem Distrikt São Paulos, wo eine Umgehungsstrasse gebaut wird, die den dichten Verkehr São Paulos entlasten soll. “Im Fall der bedrohten Orchideenarten wäre es einfacher, eine umgekehrte Liste anzulegen – das heisst: von den 100 bekannten Arten diejenigen zu wählen, deren Reproduktion relativ einfach ist, und die in einer Liste der erhaltenen zusammenzufassen“, bemerkt Eduardo Catharino.

Die Veröffentlichung von Listen der von der Ausrottung bedrohten Fauna und Flora ist in Wahrheit viel mehr als ein einfacher Index für Forscher. In vielen Fällen tragen sie dazu bei, Aggressionen gegen die Ökosysteme zu denunzieren, und sie haben in den letzten Jahren durch gesetzlichen und gesellschaftlichen Appell an Bedeutung gewonnen, der von den Wissenschaftlern verlangte, sich nicht nur dem Studium der Spezies zu widmen, sondern einen grossen Schritt weiter zu gehen, um auch ihre Erhaltung zu studieren. Mit Unterstützung nicht-staatlicher Vereine und der Ambientalisten gingen sie dazu über, die Schaffung von Schutzgebieten zu verteidigen, und bewahrten so wenigstens Gebiete hoher Konzentration der Spezies vor der Degradierung.

Die Liste kann allerdings eine der schlimmsten Arten der Zerstörung nicht verhindern: die Ausbeutung derjenigen, die mit Pflanzen Handel treiben. Sie betreten die Wälder und entnehmen ihnen jedwede Art von Pflanze – sie schädigen sowohl die begehrteren Arten als auch das Gleichgewicht ihres Ambientes. Die Orchidophylen suchen die Rarität, vorzugsweise während der Blütezeit, was gerade deshalb die Überlebenschancen der Pflanze kompromittiert. Ausser den seltenen Arten suchen die Sammler nach natürlichen Mutationen. Wenn sie zum Beispiel in einer Kolonie von rosafarbenen Orchideen eine weisse – eine Albina – entdecken, dann wird die einen grösseren Wert haben, als die normalfarbige Blüte. Auch deshalb, weil es Ausstellungen gibt, bei denen sowohl die Form, die Farbe und die Textur der Blüte gewertet wird, neben anderen Details.

Die Kultivierer verteidigen sich mit dem Argument, dass sie zur Konservierung der Spezies beitragen. Aber der Forscher Eduardo Catharino hält dagegen: “In einer künstlichen Züchtung ist die vom Menschen vorgenommene Auslese so gross, dass die resultierenden Orchideen mit Sicherheit keine der in der Natur vorkommenden Spezies und ihre natürlichen Verschiedenheiten mehr repräsentieren können! “

Eine Stütze zum Guten

Im “Livro Vermelho“ (rotes Buch), das Ende des Jahres 2010 vom Sekretariat des Umweltschutzes von São Paulo herausgegeben wird, hat man ein Kapitel allein den Orchideen gewidmet. Diese Publikation wird die offizielle Liste aller im Bundesstaat bedrohten Pflanzenarten enthalten, revidiert von einer Arbeitsgruppe deren Mitglieder sich aus verschiedenen paulistanischen Universitäten zusammensetzt. Der Spezialist für Taxonomie von Orchidaceae und Forscher des Botanischen Instituts, Fábio de Barros, ist einer dieser Gruppenmitglieder. “Obwohl ein Gesetz existiert, welches vorschreibt, dass man für die Kommerzialisierung ausschliesslich kultivierte Arten verwenden darf, sieht man auf offenen Märkten und in Blumenläden immer wieder Orchideen und Bromelien, die ohne Zweifel der freien Natur entwendet wurden. Im Umfeld fast aller Ausstellungen von Blumen findet man die so genannten “Camelôs de plantas“ – Verhökerer von Pflanzen, die sie direkt aus dem Wald angeschleppt haben. “

RJ Jardim Botanico Orchidee – Foto: sabiá brasilinfo

Ausserdem macht der Forscher uns auf eine besonders perfide Plünderung der Natur aufmerksam – den Fall der indigenen Bewohner der Distrikte Iguape und Peruíbe an der paulistanischen Küste: Protektiert vom Gesetz, sind diese armen, zivilisierten Índios die Einzigen, denen es offiziell erlaubt ist, Pflanzen aus der Natur zu entnehmen – aber sie machen es nicht (wie vorgesehen) für den Eigengebrauch, sondern um sie an nicht-indianische Händler weiter zu reichen, die native Orchideen verkaufen.

“Nur durch Bekämpfung der Abholzung, Kontrolle des ausbeuterischen Sammelns und der ambientalen Erziehung werden wir es schaffen, etwas zu bewahren“, sagt er. Das grosse Ziel ist die Teilnahme der gesamten Gesellschaft an der Überwachung der Ökosysteme – und das bedeutet für die Familie der brasilianischen Orchideen eine Wartung von 3.000 in ihrer Flora vorkommenden Arten!

Für die Wissenschaftler sind einige der antiken Konzepte von Orchideensammlern, Gott sei Dank, inzwischen passé. Inzwischen darf man eine exklusive kommerzielle Bewertung von Pflanzen aus dem Wald nicht mehr zulassen. “Im 19. Jahrhundert entdeckten englische Sammler eine bestimmte Orchideenart, sammelten sämtliche Exemplare, die sie tragen konnten und steckten dann die restlichen in Brand, damit ihr Konkurrent nicht etwa dieselbe Spezies mitbringen konnte. Also war diese Pflanze nur im Besitz eines bestimmten Sammlers, und dadurch stieg ihr Wert – ein Problem kommerzieller Konkurrenz“, erzählt Fábio Barros. Er führt weiter aus, dass die Reproduktionstechniken inzwischen einen so hohen Grad an Sophistikation erreicht haben, das die Hybriden und die geklonten Exemplare grossen Erfolg haben – obwohl sie aus genetischer Sicht nicht mehr ihre nativen Arten repräsentieren. Also besteht die Zukunft aus der Kombination von Erhaltung der Wälder und der Aufwertung eines Kommerzes mit kultivierten Arten!

Die Gefahr der Ausrottung

Die Liste der von der Ausrottung bedrohten Pflanzen Brasiliens, herausgegeben von der IBAMA, stammt von 1992 und wird derzeit revidiert. Sie enthält bisher lediglich acht Orchideenarten der beiden bekanntesten Familien: Cattleya schilleriana, aus dem Bundesstaat Espirito Santo, und die Laelias – fidelensis, grandis, jongheana, lobata, perrinii, tenebrosa, virens und xanthina – sie stammen aus den Wäldern von Bahia, Espirito Santo, Minas Gerais und Rio de Janeiro. Im Bundesstaat São Paulo, wo die Aufstellung des Instituts systematisch ist, sind es allerdings schon 62 bedrohte Arten aus 24 unterschiedlichen Familien!

Hier sind sie:

  • Bifrenaria tyrianthina
  • Centroglossa macroceras
  • Cochleanthes wailesiana
  • Comparettia paulensis
  • Dryadella auriculigera e D. lilliputana
  • Epidendrum filicaule, E.geniculatum, E. infaustum, E.saxatile und E.schomburgkii
  • Grobya fascifera
  • Habenaria achalensis, H. aphylla, H. armata, H. brachyplectron,
  • H. ernesti-ulei, H. exaltata, H. galeandriformis,
  • H. hexaptera, H. hydrophila, H.jordanensis, H.nuda, H. regnelli, H. santensis e H. umbraticola
  • Lankesterella epiphytica
  • Lepanthopsis densiflora
  • Liparis vexillifera
  • Macradenia paulensis
  • Malaxis cogniauxiana e M. jaraguae
  • Mesadenella atroviridis
  • Octomeria decumbens, O. Estrellensis, O. Geraensis,
  • O. Glazioviana, O. Hatschbachii, O. Hoehnei,
  • O. Iguapensis, O. Lichenicola, O. Praestans,
  • O. Rotundiglossa, O. sancti-angeli, O. Truncicola,
  • O. Wawra e O. wilsoniana
  • Oncidium concolor, O. croesus, O. divaricatum,
  • O. hians, O macronix, und
  • O. pirarense
  • Pinelia hypolepta
  • Pogoniopsis schenckii
  • Pteroglossa hilariana e P. macrantha
  • Rodrigueziella doeringii
  • Sarcoglotis alexandrii
  • Scuticaria strictifolia
  • Thysanoglossa jordanensis
  • Zygostates pellucida
Anwendung und Vorurteile

Einige Orchideenarten sind von medizinischem und kosmetischem Interesse, andere für die Ernährung von Bedeutung. Das bekannteste Beispiel ist die Vanille – oder Vanilla fragrans. Aus ihr gewinnt man eine aromatische Essenz, die bereits von den alten Inkas in Zentralamerika benutzt wurde, um den Kakao zu würzen. Heute verwendet man die Vanille in der Ernährungs- und der kosmetischen Industrie – zwei andere Spezies derselben Familie, beide aus Brasilien stammend, finden ebenfalls Verwendung: die Vanilla chamissois und die Vanilla planifolia. Viele Parfums enthalten einen Touch Vanille in ihrer Formel.

Unter den Orchideenarten mit Verwendung in der Medizin ist eine der bekanntesten die “Sobrália“ aus Amazonien. Die Carajá-Indianer nutzen sie als feminines Empfängnisverhütungsmittel. Es wurde zwar noch nicht wissenschaftlich getestet, wird aber in der medizinischen Literatur als “abortiv“ zitiert.

Die Orchidee Cyrtopodium sumbarium, im Volksmund “Sumaré“, wird als “wundschliessend“ bezeichnet und gegen Haarausfall angewendet. Einige fitotherapeutische Mixturen mit dieser Spezies kann man lokalen Apotheken kaufen. Während vieler Jahre hielt sich der Aberglaube, dass Orchideen Pech bedeuteten – sowohl für den, der die Pflanze schenkte, als auch für jenen, der sie erhielt. Empfindlich und schwierig zu kultivieren, blühten sie nicht oder starben ab – was als Zeichen eines Bruchs der Freundschaft oder gar der Ehe gewertet wurde.

Die Vorurteile gegen Orchideen waren auch gekoppelt an die Tatsache, dass man sie damals als Parasiten betrachtete – was nicht stimmt. Die Orchideen sind Epiphyten, das heisst, sie benutzen andere Pflanzen lediglich zur Stütze ihrer fragilen Konstitution – aber sie entziehen ihrem Wirt keine Nährstoffe!

RJ Jardim Botanico Orchidee – Foto: sabiá brasilinfo

Historisch gesehen wurden die Clubs der Züchter und Vereine exklusiv von Männern gebildet, vielleicht, weil die Entnahme der Pflanze in den Wäldern, an Orten schwierigen Zugangs, für Frauen als zu gefährlich galt.

Ein reines Gewissen beim Kauf und der Zucht

Der Orchideen-Liebhaber sollte seine Pflanzen nur bei bekannten, anerkannt ehrenhaften Züchtern kaufen. Er sollte den illegalen Kommerz mit Pflanzen aus dem Wald meiden, die am Strassenrand oder auf offenen Märkten angeboten werden. Diese präsentieren in der Regel Flecken auf den Blättern und sind nicht im Topf verwurzelt, sondern an Äste oder Rindenstücke gebunden. Es gibt keine Standard-Regel für die Behandlung von Orchideen. Die Erfordernisse jeder Spezies sind unterschiedlich. Was die meisten Exemplare gemeinsam haben, ist ihre Bevorzugung von schattigen Plätzen – mit Lichteinfall während weniger Momente pro Tag. Stämme von Bäumen mit einer nicht zu dichten Krone sind in der Regel adäquate Zuchtorte. Die leicht zu züchtenden brasilianischen Arten, resistent und mit grossen Blüten, sind aus den Familien Laelia und Cattleya. Eine exotische Spezies aus Asien, die sich ebenfalls gut entwickelt, stammt aus der Familie Dendrobium.

Weitere Informationen
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Telefon: (11) 5584.6300 – Nebenstelle 241
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