Die Wasserkrise in Brasilien dauert auch 2015 weiter an

Zuletzt bearbeitet: 26. Januar 2015

2SabespWie es in einem Land wie Brasilien, mit den üppigsten hydrografischen Ressourcen unseres Planeten (dem Amazonasbecken und den zahlreichen anderen hydrografischen Becken grosser brasilianischer Flussnetze), zu einer solchen Krise der Wasserversorgung kommen kann, hat unser Experte bereits am Anfang dieses Interviews beantwortet – und vielleicht hat es überrascht, dass er die Ursache nicht in den globalen Klimaveränderungen sieht, sondern im Fehlverhalten der Menschen – der Wasserverbraucher selbst, von denen die kostbaren Ressourcen der Natur in einer Art und Weise vergeudet werden, als seien sie unerschöpflich – aber das sind sie nicht!

Jedoch nicht allein die Endverbraucher sind an der Verschwendung schuld, sondern sie ist das Ergebnis aus der Zusammenwirkung dreier Faktoren: einer kurzsichtigen Planung, veralteten Wasserleitungen und einer schlampigen Politik. In einer Grossstadt wie São Paulo fliesst das Wasser aus dem Cantareira-Reservoir in die einzelnen Haushalte durch Leitungen, die in den Jahren 1940 und 1950 verlegt wurden. Man kann sich also leicht vorstellen, dass ein derart prekäres Leitungsnetz auf dem Weg zum Endverbraucher viel Wasser verliert. Darüber gibt es sogar genaue Messungen: In jeder Sekunde werden 1.200 Liter beim Verteilungsprozess im Grossraum São Paulo vergeudet! Mit dem Gesamtverlust eines Tages könnte man 932 Millionen Menschen (das entspricht der dreifachen Bevölkerung der USA) mit Wasser versorgen.

Und wenn es schon in der bestens infrastrukturierten Südostzone so schlecht mit der Wasserversorgung bestellt ist, was sollen da erst die Bewohner jener trockenen Zonen des nordöstlichen Sertão sagen, wo Wasser eine Seltenheit ist – und viel teurer? Dort ist es sicher nicht schwer, die Menschen zu bewegen, die Trottoirs nicht mit fliessendem Wasser aus dem Schlauch abzuwaschen oder nur ein kurzes, schnelles Duschbad zu nehmen – dort kennen die Menschen den Wert des Wassers! Das Problem dort ist tatsächlich die globale Erwärmung.

Die Trockenheit in Brasilien beeinträchtigt das Leben von fast zehn Millionen Menschen. 1.430 Munizipien riefen bis Juni 2013 den Notstand aus. Verluste: 3,6 Milliarden Reais an Agrarprodukten – hauptsächlich Mais und Bohnen, die Hauptnahrungsmittel der lokalen “Sertanejos“ (Inlandbewohner des Nordostens). Auch die Viehzucht leidet unter der Situation: Mehr als 16% der Rinder des Nordostens sind verdurstet. In der gegenwärtigen Trockenheit, der schlimmsten seit fünfzig Jahren, musste die Landesregierung die Programme zur technischen und sozialen Hilfeleistung aufstocken – wie zum Beispiel eine Finanzierung der landwirtschaftlichen Produktion, einen subventionierten Verkauf von Mais und die Verteilung einer “Bolsa Estiagem“ – das ist eine Finanzspritze für landwirtschaftliche Familienbetriebe, die in notleidenden Munizipien wohnen.

Um die Auswirkungen der Trockenheit zu mindern, hat man 2007 mit dem Projekt zur Verlegung des Rio São Francisco begonnen. Damit beabsichtigt man Kanäle anzulegen, die zwischen ein bis drei Prozent des Wassers vom “Velho Chico“ (volkstümlicher Name des Rio São Francisco) zu Flüssen und Seen ableiten sollen, die normalerweise während der Trockenzeit im nordöstlichen Interior austrocknen. Aber das Projekt entbehrt nicht massiver Kritik, die anführt, dass dieses Projekt eher die Grossgrundbesitzer der Region begünstigen wird, jedoch kaum die kleineren Kommunen – ganz abgesehen von den Schäden für die Natur.

Nach diesem kurzen Abschweifen in die bereits traditionellen Probleme mit der Trockenheit im brasilianischen Nordosten, möchte ich noch einmal zurückkehren zum Südosten, der Region mit der höchsten Lebensqualität Brasiliens, die trotz ihrer technisch hoch entwickelten Infrastruktur einer plötzlichen Trockenperiode, und der dadurch bedingten Wasserknappheit, ziemlich hilflos gegenübersteht. Vorläufig fällt den Verantwortlichen für die Wasserversorgung nur ein, das noch vorhandene Wasser für die Bevölkerung zu rationieren, während sie bereits von den ersten Bürgerprotesten unter Druck gesetzt werden, denn auch unter ihnen gibt es kluge Köpfe, denen klar geworden ist, dass mit einer besseren Planung und rechtzeitigen Vorsorge solche Versorgungsengpässe hätten vermieden werden können.

Wir haben aus zahlreichen Vorschlägen die interessantesten herausgesucht und zu einer Kolumne zusammengestellt, in der wir die einzelnen Komponenten zu einer Lösung der Wasserkrise kurz charakterisieren, um sie jeweils am Ende mit „Pro“ oder „Kontra“ zu beurteilen. Unter “Anwendungsmöglichkeiten“ fassen wir zusammen, wie der Vorschlag in die Tat umgesetzt werden könnte.

Der Kampf gegen die Verschwendung

Nach dem Regen - Baugrube läuft voll WasserBedeutende Etappen zur Bekämpfung einer Verschwendung des Wassers sind: Investitionen in effizientere Technik zum Begiessen von Pflanzungen und die Entwicklung modernerer sanitärer Systeme, mit sparsamerem Wasserverbrauch. Aber einer der ersten Schritte sollte eine bessere Kontrolle des Systems zum Auffangen und zur Verteilung des Wassers sein. In Brasilien verliert man zirka 40% behandelten Wassers im derzeitigen System, bevor es zum Verbraucher gelangt, durch undichte Rohre, illegale Verbindungen und defekte Netze wegen fehlender Wartung. Ein Verlust, der weit über dem liegt, was man als akzeptabel bezeichnen könnte. Die Zielsetzung des “Plano Nacional de Saneamento“, nach einer Definition vom Juni 2013, sieht vor, diesen Verlust bei der Verteilung des Wassers bis 2033 auf 31% zu senken. Das scheint uns immer noch ein zu bescheidenes Ziel. In einigen Städte Deutschlands und Japans liegt dieser Index lediglich bei 11%! In Australien, ein Land, das zahlreiche Trockenperioden erlebt hat, liegt der Verlustdurchschnitt bei 16% – immer noch viel weniger als in Brasilien! Eine Lösung wäre die Installation eines computergesteuerten Systems, welches undichte Stellen schnell erkennt und seine Korrektur innerhalb kurzer Zeit erlaubt.

Ein weiterer bedeutender Schritt wäre die Individualisierung der Wasserverbrauchsmessung. Wer in einem Gebäude mit vielen einzelnen Familien wohnt, hat bereits gemerkt, dass er nicht genau feststellen kann, wie viel Kubikmeter Wasser seine Familie pro Monat verbraucht. Mit der Einführung eines Wassermessgerätes für jedes Appartement, wäre es möglich, den genauen Verbrauch – und die Verschwendung – der eigenen Familie abzulesen (bei uns in Europa schon seit ewigen Zeiten im Gebrauch).

Pro: Wasser bewusst zu nutzen ist die anhaltendste Lösung gegen eine Krise, weil sie der Umwelt keinen Schaden zufügt und genügend Wasser für die Zukunft garantiert. Die Vergeudung zu vermeiden ist eine Haltung, die jederzeit beibehalten werden sollte, nicht nur in Krisenzeiten! Wir sind es, die sich an die Konditionen der Umwelt anpassen müssen – und nicht umgekehrt!

Kontra: Obwohl dies in der Theorie als die am leichtesten anzuwendende Lösung erscheint, kann man sie nur schwer in die Praxis umsetzen, weil sie direkt nach einer Änderung der Routine der Menschen und einer Änderung der Arbeitsweise der Unternehmen verlangt. Und es existiert ausserdem eine fehlende politische Initiative, die Amtsführung der hydrischen Ressourcen zu verändern.

Anwendungsmöglichkeiten: Die korrekte Wartung des Wasserverteilungs-Systems ist keine billige Investition, aber sie schlägt sich direkt nieder in einer niedrigeren Rechnung für den Verbraucher. Sie ist eine langfristige Investition, jedoch mit immensem Nutzen in der Zukunft. Was die individuellen Wassermessgeräte betrifft, könnte man die Kosten dieser Operation mindern, indem man den Verbraucher für ihre Installation zur Kasse bittet – in weniger als einem Jahr könnte dieser Betrag, wenn er in Raten auf die monatliche Wassergebühr umgelegt würde, abgezahlt sein.

Die Verwendung des Regenwassers

DachrinneDas aufgefangene Regenwasser kann für bestimmte Zwecke im Haushalt und in der Industrie verwendet werden. Man kann damit den Garten giessen, Trottoirs und Autos waschen, das Haus reinigen, es in der Viehzucht verwenden, zur Kontrolle ambientaler Temperatur, und man kann es sogar trinken. In Ländern mit hohen Niederschlagswerten ist diese Nutzung fast offensichtlich. Aber an Orten, wo Regen nur ab und zu den Boden befeuchtet, wie im Sertão Nordostbrasiliens, kann diese Lösung von noch viel grösserer Bedeutung sein. Dort hat die “Articulação Semiárido Brasileiro” (ASA) ein Programm entwickelt, das sich an den klimatischen Bedingungen orientiert, um so eine Überlebensstrategie für die Familien der Region zu schaffen. Dort regnet es zwar in grosser Menge, aber nur an wenigen Tagen. Das Projekt hilft den Familien, Zisternen zu bauen, die soviel Wasser speichern können, dass es für fünf Personen über acht Monate lang reicht. Sie erhalten eine Packung Chlor, um damit das Wasser für den Konsum zu behandeln. Das ist eine einfache, preiswerte Lösung, die der Umwelt keinen Schaden zufügt.

Pro: Das Regenwasser zu verwenden, hilft dabei, die Auswirkungen der Überschwemmungen zu reduzieren, und ist eine Lösung, die keine Kosten für Energie benötigt und auch keine hohen Investitionen für die Implantierung. Auch braucht man dazu keine grossartige Wartung, und man wird unabhängig vom konventionellen Verteiler-System. Ausserdem braucht Regenwasser nur eine geringe Filterbehandlung, um für den Konsum geeignet zu sein.

Kontra: Fehlende Motivation und Unwissenheit sind die bedeutendsten Hindernisse, um diese Lösung zu erkennen und einzuführen.

Anwendungsmöglichkeiten: Man stelle sich vor, wie viel Wasser wir hätten, wenn alle Gebäude unserer Stadt das Regenwasser eines Jahres auffangen und speichern würden. Tatsächlich haben wir einen riesigen Überschuss an Wasser, den wir praktisch wegwerfen, der Flüsse und Bäche über die Ufer treten lässt und Überschwemmungen verursacht. “Die öffentliche Hand sollte einen Obulus für die Wasserabdichtung einfordern“, schlägt jemand vor. Auf diese Weise müssten alle Bewohner einer Wohnanlage diesen Obulus bezahlen, um Vorrichtungen zu finanzieren, welche die Folgen von Hochwasser mindern, das nicht vom entsprechenden Terrain absorbiert werden kann. Und wer nicht bezahlen will, müsste sich stattdessen für eine Vorrichtung zum Auffangen des Regenwassers entschliessen.

Ein gutes Beispiel für das Auffangen von Regenwasser ist der “Tokyo Dome“, ein Baseball-Stadion in Japan. Der fallende Regen wird von der Bedachung des Stadions aufgefangen und in Tanks gespeichert, die sich unter den Tribünen befinden. Dort wird das Wasser behandelt, um anschliessend in den verschiedenen Installationen des Stadions benutzt zu werden – wie zum Beispiel für die Toilettenspülung oder das Brandbekämpfungs-System. Offizielle Daten demonstrieren, dass das Regenwasser des Tokyo Dome dazu beigetragen hat, den Wasserverbrauch um zirka 68 Millionen Liter pro Jahr zu verringern, was etwa 34 Olympischen Pools von 50 Metern Länge entspricht. Das japanische Beispiel kommt bereits in anderen grossen Sportzentren zur Anwendung. Die FIFA hat ebenfalls für die in Brasilien anlässlich der WM neu errichteten Stadien zur Auflage gemacht, ein System zur Nutzung des Regenwassers einzubauen – alle neu errichteten Stadien verfügen über ein solches für die Toiletten und die Besprengung des Rasens. In der Arena Corinthians, in São Paulo, wird das Regenwasser mittels Regenrinnen auf dem Dach aufgefangen und zu Wasserspeichern geleitet. In Natal besitzt das Stadion Arena das Dunas einen riesigen Pool, um Überschwemmungen zu vermeiden.

Die Wiederverwendung von Wasser

RegenwasserAuf den ersten Blick mag die Idee, Wasser erneut zu verwenden, irgendwie eklig erscheinen, aber sie ist eine der haltbarsten Lösungen, um der Wasserknappheit in der Welt zu begegnen. Gewissermassen ist dieselbe Lösung bereits im natürlichen Wasserzyklus selbst enthalten, denn das auf unserem Planeten zur Verfügung stehende Wasser ist nun mal begrenzt und wird, nach entsprechender Reinigung (Filterung) unseres Grundwassers durch verschiedene Erdschichten, immer wieder verwendet! Eine “künstliche“ Wiederverwendung funktioniert folgendermassen: Abwasser aus Haushalten und Industrien wird durch spezielle Rohrleitungen zu den Aufbereitungsanlagen geleitet, wo Unreinheiten und feste Partikel entfernt werden. Das aufbereitete Wasser kann dann in den Industrien und zum Begiessen von Pflanzen benutzt werden, es kann ausserdem unterirdischem Grundwasser zugefügt und in Flüsse geleitet werden – und man kann es sogar trinken. Wobei jeder Verwendungszweck eine spezifische Behandlung voraussetzt!

Man kann auch zuhause Wasser wiederverwenden, ohne grosse Kosten. Es gibt einfache Lösungen, wie man zum Beispiel das Wasser der Waschmaschine dazu benutzt, um das Trottoir zu reinigen oder ein Auto zu waschen.

Pro: Wiederverwendung ist eine der Säulen gegen die Wasserverknappung. Im Vergleich mit anderen Lösungen ist ein solcher Prozess nicht teuer, und die technischen Einrichtungen zur Behandlung von Abwasser existieren bereits in adäquaten Strukturen.

Kontra: Das grösste Problem für die Einführung sind die Vorurteile gegen die Wiederverwendung von Wasser. Ausserdem würde aufbereitetes Wasser, das in grossem Umfang, zu einem niedrigen Preis, produziert würde, sowieso nur für nicht vitale Zwecke benutzt werden – also nicht zum trinken, baden oder kochen.

Anwendungsmöglichkeiten: Wenn man von Wiederverwendung des Wassers spricht, ist der Staat Israel ein gutes Beispiel. Mehr als 80% des Abwassers aus den Haushalten wird dort wieder aufbereitet und von Bauern zum Begiessen ihrer Pflanzungen benutzt. In den USA bereitet die Grafschaft Orange ihr Abwasser schon seit 30 Jahren wieder auf. Dort reinigt eine spezielle Anlage das Abwasser und injiziert es dann zurück in den Boden, damit es das Grundwasser anreichert. Und im Staat Texas gibt es bis 2060 Pläne zur Verdoppelung der Wassermenge zur Wiederverwendung. Die Stadt El Paso, zum Beispiel, benutzt seit 1960 aufbereitetes Wasser zur Konstruktion von Neubauten, Besprengen von Parklandschaften und dem Waschen von Autos der Regierungsflotte. Im Jahr 1985 hat dasselbe Stadt damit begonnen, aufbereitetes Wasser ebenfalls dem Grundwasser zuzufügen

Die Reinigung der Flüsse

sewageDas Anwachsen der Stadtbevölkerung, die fehlende Planung in der urbanen Sanierung, illegale Anschlüsse an das Abwassernetz und Industrien, die verbotene Abfallstoffe entsorgen – all das, und vieles andere, sind die Ursachen der Verschmutzung der grossen Flüsse rund um den Erdball. Aber es gibt auch viele gute Beispiele für Flüsse, die mit Erfolg gesäubert wurden. Einer der bekanntesten Fälle ist die Themse, die London durchquert. Die Verschmutzung dieses Flusses war dergestalt, dass man ihn im Volksmund “den grossen Gestank“ nannte. Das war im 19. Jahrhundert. Seit jener Zeit, versuchten die Engländer, seine Degradierung aufzuhalten. Wodurch sie dann das Problem in den Griff bekamen, waren Systeme zur Behandlung des Wassers entlang des Flusses, und damit begannen sie bereits in den 1960er Jahren. Heute ist die Themse wieder hergestellt – man sieht dort Szenen von Wassersport betreibenden Personen, Gruppen von Anglern und Ausflugsschiffen. Ähnlich der Fluss Han in Südkorea, ein bedeutender Fluss für die Hauptstadt Seoul – er wurde ebenfalls in seiner Wasserqualität wieder hergestellt.

Der erste Schritt zur Reinigung eines Flusses und zur Wiederaufbereitung seines Wassers ist die Identifizierung der Verschmutzungs-Quellen und die Unterbrechung dieser Einflüsse. Dann beginnt die Säuberung mit der Entfernung von im Lauf der Zeit angehäuften Ablagerungen. In vielen Fällen ist es unumgänglich, illegale Landbesetzer aus Quellgebieten zu entfernen und die natürliche Vegetation der Flussufer zu erneuern. Ausser jenen Anlagen zur Behandlung des Wassers, wie die der Themse und des Han, gibt es andere Methoden, mit denen man einen Fluss wieder aufbereiten kann. Die Installation von Schutzbarrieren entlang seines Verlaufs, zum Beispiel, sie halten den durch den Regen verursachten festen Abfall zurück und erleichtern die Entfernung desselben. Bei kleineren Flüssen kann man die Flotation nutzen, um ihre Reinigung zu erleichtern. Zu diesem Prozess werden chemische Substanzen mit einem Gerinnungseffekt ins Wasser gestreut, die bewirken, dass solide Partikel auf der Oberfläche schwimmen. Diese Technik bedient sich ausserdem im Flussbett eingelagerter Rohre, die Sauerstoffbläschen ausströmen lassen, damit Verunreinigungen nicht zum Grund absinken. Für grosse Flüsse ist auch die Ausbaggerung eine mögliche Option, eine Technik, die sich grosser, mit Pumpen ausgestatteter Schiffe bedient, welche den auf dem Grund liegenden Dreck absaugen.

Pro: Dieser Vorschlag dient nicht nur dazu, die Wasserkrise zu lösen, sondern auch, die Lebensqualität in der Stadt wieder herzustellen und bietet Möglichkeiten für die Bevölkerung, den Fluss auch für Sport und Freizeit zu nutzen. Ohne die Verschmutzung können neue Transportwege erschlossen werden, was den Strassenverkehr entlasten würde, der ein anderes Problem der Städte darstellt. Die aufbereiteten Flüsse könnten als Wasserspender für Reinigungsprozesse im Haushalt und der Industrie genutzt werden.

Kontra: Es ist enorm schwierig, alle Quellen der Verschmutzung eines Flusses zu identifizieren. In Grossstädten gibt es, ausser dem Abwasser aus Haushalten und der Industrie, auch noch eine so genannte diffuse Verschmutzung (Abfall, der vom Regen in die Flüsse gespült wird). Es ist eine teure Lösung auf längere Sicht, verglichen mit den anderen. Und sie verlangt nach einem standfesten politischen Engagement – ein weiteres Problem!

Anwendungsmöglichkeiten: Das ist zwar keine billige Lösung, aber die Wiederbelebung der verschmutzten Flüsse und Quellen ist ein unumgänglicher Prozess. Die grosse Schwierigkeit ist eine Unterbindung der Verschmutzungs-Quellen. Wenn dies jedoch gelingt, kann die Natur selbst helfen, die Kosten einer solchen Operation zu senken: die Flüsse haben nämlich eine gewisse Kapazität der Selbstreinigung. Danach werden noch einige Schwermetalle und Hormone im Wasser verbleiben, zu deren Entfernung man eine etwas teurere Technologie bemühen muss, jedoch die Selbstreinigung des Flusses ist bereits eine grosse Hilfe.

Luftkollektoren, die Wasser kondensieren

Industrial zone, Steel pipelines and valvesMaschinen, welche die Luftfeuchtigkeit in Trinkwasser verwandeln, existieren bereits auf dem Markt. Das Konzept hinter jenen so genannten “atmosphärischen Wasser-Generatoren“ ist nicht neu, der Regenzyklus funktioniert ganz ähnlich: durch eine Kondensierung und den Niederschlag aus feuchtwarmen Luftmassen. Die existenten Maschinen nutzen zwei unterschiedliche Techniken. Die erste ähnelt einer Aircondition: Kühlung der Luft, woraus eine Kondensierung des Wassers erfolgt, das dann gefiltert und in kleinen Tanks gespeichert wird. Die zweite basiert auf einem chemischen Prozess: Eine konzentrierte Salzlösung absorbiert die Feuchtigkeit des Ambientes und verwandelt sie in Wasser, das ebenfalls anschliessend gefiltert wird.
In feuchten Gebieten sind aber die atmosphärischen Wasser-Generatoren nicht die einzigen Hilfsmittel zur Kondensierung der Luftfeuchtigkeit. Es gibt einfachere Mittel, die von der Natur inspiriert sind und ganz ordentlich funktionieren. In Arborobu, in Eritrea, versorgt der Nebel dieser Region die Häuser der Bewohner mit Wasser. Grosse Nylonnetze kommen mit dem Nebel in Kontakt und verwandeln ihn in Wassertröpfchen, die von einem Wasserspeicher aufgefangen werden. Das Projekt “FogQuest“ ist verantwortlich für die Installation der Netze, die bereits in anderen Ländern, wie Marokko, Nepal, Chile, Guatemala und Äthiopien, ebenfalls gute Dienste leisten.

Pro: Die Maschinen, die mit dem chemischen Prozess funktionieren, haben ein akzeptables Kosten/Nutzen-Verhältnis. Es gibt auch Geräte, die per Sonnenenergie betrieben werden, die zwar in der Anschaffung etwas teurer sind, aber ihr Betrieb ist dafür besonders billig. Für kleine, isolierte Populationen in Wüstenregionen, könnte dies eine gute Lösung für die Wasserbeschaffung sein.

Kontra: Die Kondensierung der Luftfeuchtigkeit funktioniert nicht an allen Orten. Die ambientale Temperatur müsste einige Grade über Null sein, und beim Level der Feuchtigkeit muss man ebenfalls Abstriche machen, die je nach Fabrikat der Maschine variieren. Apparate, die Wasser in grossen Mengen durch Kondensierung produzieren, könnten Probleme in der Umwelt und für die Menschen verursachen, indem sie der Luft die Feuchtigkeit in grossem Umfang entziehen.

Anwendungsmöglichkeiten: Das israelische Unternehmen “Water-Gen“ versichert, dass ihr System 250 bis 800 Liter Trinkwasser pro Tag produziert, je nach klimatischer Beschaffenheit der Luft, und dafür zwischen 5 und 16 Dollar für diese Produktion verbraucht. Ihre Geräte sind heute bei Militäreinheiten aus sieben Ländern im Einsatz. Aber diese Geräte könnten auch im Haushalt verwendet werden. Ein anderes Unternehmen, die “Dutch Rainmaker“, bestätigt, dass ihre Apparate bereits in zwei Ländern funktionieren – in Kuwait und in Holland.

Entsalzungs-Anlagen

salzfelderDie Natur entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Viele Länder dieser Erde, die unter Trinkwassermangel leiden, haben Zugang zu unendlich viel Salzwasser, wie zum Beispiel einige Inseln im Mittleren Orient. Die Lösung scheint auf der Hand zu liegen: Wenn das Trinkwasser knapp wird, warum nicht Wasser aus dem Meer schöpfen, das Salz entfernen und es zum trinken aufbereiten? In kleineren Mengen ist dieser Prozess relativ einfach. Eine grosse Herausforderung ist dagegen, diesen Prozess bei grossen Mengen noch im Rahmen der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Obwohl es verschiedene Prozesse zur Entsalzung des Meerwassers gibt, hat nur ein einziger der Kosten/Nutzen Auflage standgehalten – die so genannte “Umkehrosmose“: Das Wasser des Meeres wird durch Rohre zu einem Filtrierungssektor geleitet, wo grosse Unreinheiten wie Sand, Algen und kleinere Partikel herausgefiltert werden. Danach wird das Wasser unter grossem Druck durch eine Membran gepresst. Bei diesem Durchlauf bleibt das Salz zurück, und Süsswasser bleibt übrig. Der hohe Druck ist für die Umkehrung des Osmoseprozesses verantwortlich – dadurch trennt sich das Wasser von der Salzlösung.

Pro: Dies ist eine der wenigen Lösungen, die nicht vom Niederschlagszyklus abhängig ist. Diese Praxis schädigt die Natur nicht in drastischer Form. Fabriken, die sich mit der Umkehrosmose beschäftigen, haben bereits einen geringeren Energieverbrauch als die anderen Methoden, was die Kosten der Operation in den letzten Jahren gesenkt hat.

Kontra: Selbst nach der Senkung der Kosten für die Entsalzung des Meerwassers, ist diese Lösung noch zu teuer, weil sie viel Energie verbraucht und eine hohe Investition verlangt, um zu funktionieren. Lohnt sich nur an Orten, die keine anderen Optionen zur Wasserversorgung und direkten Zugang zum Meer haben. Ausserdem könnte die Methode sich negativ auf die marine Fauna auswirken. Die Entsorgung des übriggebliebenen Salzes, nach dem Prozess, ist ein weiteres Problem.

Anwendungsmöglichkeiten: Es gibt bereits Tausende von Entsalzungsanlagen auf der ganzen Welt. Israel betreibt eine ganze Anzahl davon, und ein grosser Teil seines Wasserbedarfs für die Bewässerung von Plantagen und auch zum Konsum, wird von diesen Anlagen produziert. In diesem Jahr hat auch Saudi Arabien mit der Produktion von gereinigtem Wasser in seiner neuen Anlage im Persischen Golf begonnen. Wenn sie mit ihrer vollen Kapazität funktionieren wird, haben die Araber damit die grösste Entsalzungsanlage der Welt, mit einer Produktion von 1.025 Millionen Kubikmeter entsalztem Trinkwasser pro Tag! Auch Australien hat in die Entsalzung investiert, nachdem das Land mehrere historische Trockenperioden hinter sich gebracht hat. Heute besitzt Sidney eine Entsalzungsanlage, die in ihrem Gesamt durch Windenergie betrieben wird. Ihre Kapazität liegt bei 250 Millionen Litern pro Tag, was 15% des Wasserverbrauchs der Stadt deckt.

Weitere Vorschläge

Nun, es gibt noch weitere Vorschläge – auch ein paar sehr weit hergeholte, wie Wasser von den Eisbergen am Pol zu importieren oder noch absurder, von anderen Planeten – die wir aber aus verständlichen Gründen nicht weiter diskutieren wollen. Tatsache ist jedoch, dass die Wasserkrise für die Brasilianer ein quasi “notwendiges Übel“ darstellt, das die Bevölkerung mit erhobenem Zeigefinger auf die zahlreichen Missstände, Verfehlungen und Unterlassungen durch eine fahrlässige Planung, schlampige Organisation und lethargische Politik aufmerksam gemacht hat, bevor es zu einer lebensbedrohenden Katastrophe kommt.

Aber das Wasser unseres Planeten wird natürlich nicht von einem Tag zum andern plötzlich verbraucht sein. Wir besitzen etwa 1,4 Milliarden Kubikkilometer (km3) an Wasser. Nun müssen wir von dieser Summe das Wasser der Ozeane abziehen, des weiteren das gesamte Volumen der Eisberge und des Grundwassers, und behalten ganze 132.000 km3 an Wasser auf der Erdoberfläche übrig, welches wir de facto benutzen können. Das ist vergleichsweise sehr wenig! Besonders, wenn wir bedenken, dass sich dieses Wasservolumen seit der Entstehung unseres Planeten nicht wesentlich verändert hat. Und eins unserer Probleme liegt genau darin, dass die Süsswassermenge gleich geblieben ist, während die Bevölkerung stetig wächst. 1950 waren wir 2,5 Milliarden Menschen – die Projektion der UNO geht davon aus, dass wir im Jahr 2050 zirka 9,3 Milliarden sein werden. Wir brauchen also nicht nur grössere Wasserspeicher! Um so viele Menschen versorgen zu können benötigen wir mehr Energie, müssen mehr Nahrungsmittel produzieren, mehr Kleidung, mehr von Allem! Und ein grosser Teil von “Allem“ braucht Wasser! In den nächsten dreieinhalb Jahrzehnten wird die globale Nachfrage um 55% steigen. Wenn wir davon ausgehen, dass Industrie und Agrarproduktion rund 90% des Wassers unseres Planeten verbrauchen, sieht die Zukunft ziemlich erschreckend aus.

Fotos produzidas pelo SenadoDie Aussichten sind jedenfalls pessimistisch: Bis im Jahr 2025 werden zwei Drittel der Weltbevölkerung von der Wasserknappheit betroffen sein. Bis dahin muss sich einiges ändern! Zirka ein Zehntel des Trinkwassers unseres Planeten wird genutzt für die täglichen Verrichtungen, wie das Duschbad von 15 Minuten, das wir so lieben, und während dem bis zu 200 Liter Trinkwasser in den Gulli laufen. Wasserspülungen in der Toilette, die zwei Liter vom kostbaren Nass pro Sekunde verschwenden. Auch auf dem Tisch wird Wasser fehlen: 90% der hydrischen Ressourcen werden mit dem Begiessen der Agrarprodukte und in der Industrie verbraucht – entweder findet man effizientere Praktiken, oder es wird bestimmte Lebensmittel nicht mehr geben!

Heute ist das Fehlen von Wasser für eine unter sieben Personen bereits Realität. Die UNO schätzt, dass eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser haben und 2,5 Milliarden keine Kanalisation besitzen. Das Wasser ist schlecht verteilt auf unserem Planeten, und wenn die Wasserknappheit wächst, werden andere Ungleichheiten sichtbar. In gleichem Masse wie der Zugang zum Wasser immer schwieriger wird, verstärkt sich die Tendenz zu Konflikten um das Wasser. Wenn Wasser fehlt, leidet auch die Gesundheit darunter: Nach Auskunft der WHO werden in den Entwicklungsländern 80% der Krankheiten durch den Konsum von nicht trinkbarem Wasser und einer prekären Entsorgung verursacht – alle 20 Sekunden stirbt ein Kind aus Gründen fehlender Hygiene. Viele Menschen haben keine Wahl – sie müssen verschmutztes Wasser trinken!

Obwohl Brasilien in seinen zahllosen Strömen und Flüssen 13% des Flusswasser-Volumens unseres Planeten besitzt – wenn nicht umgehend etwas geschieht, wird zirka ein Drittel der Brasilianer im Jahr 2025 kein Wasser mehr zur Verfügung haben – so der “Atlas Brasil, Abastecimento Urbano de Água“, erarbeitet von der “Agência Nacional das Àguas“ (ANA). In der metropolitanen Region von São Paulo, der grössten Bevölkerungskonzentration des Landes, steht der Zeiger bereits auf Rot – mit einer um 4% höheren Nachfrage als das in den Versorgungs-Wasserspeichern zur Verfügung stehende Wasservolumen. “Diese Situation betrifft nicht allein São Paulo oder Rio de Janeiro, sondern alle brasilianischen Grossstädte insgesamt. Das unkontrollierte Bevölkerungswachstum, die Expansion in Areale, die man hätte schützen müssen (Quellgebiete), die ignorante Entsorgung des Mülls – all das kompromittiert die Wasserversorgung“, erklärt unser Experte für Wasserversorgung in São Paulo.

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AutorIn: Klaus D. Günther · Bildquelle: Fotos 1/3 bis 8 Fotolia.de | Foto 2 Sabesp | Foto 9 Pedro Franca/Agencia Senado

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