Brasilianische Epidemiologen warnen: Aedes aegypti hat sich dem urbanen Lebensraum total angepasst

Zuletzt bearbeitet: 17. Februar 2016

Die Rede ist von einer Stechmücke (Aedes aegypti), die bereits seit einigen Jahren die Medien Brasiliens zu Warnungen an die Bevölkerung veranlasste, deren Aufrufe und Vorschläge zur Eindämmung der Proliferation jener Insekten jedoch weitgehend wirkungslos verhallten, da sie an eine solidarische Mitarbeit jedes einzelnen Bürgers appellierte – eine wenig Erfolg versprechende Idee in diesem riesigen, multikulturellen Land mit einer der gegensätzlichsten Gesellschaftsstrukturen unserer Erde.

Aedes aegypti_Rafael Neddermeyer Fotos Publicas
Ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti) | Foto: Rafael Neddermeyer / Fotos Publicas

Die Ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti) oder Gelbfiebermücke, und in Brasilien als Dengue-Mücke (Mosquito de Dengue) bekannt, gehört zu den Stechmücken der tropischen und subtropischen Regionen. Sie ist der Vektor (Zwischenwirt) von Gelbfieber, Dengue- und Zika-Fieber, sowie anderer Viren, die sie von einer infizierten Person zu einer gesunden durch Stich in die Haut überträgt. Man nimmt an, dass sie aus ihrer ursprünglichen Heimat (wahrscheinlich Afrika) durch Warentransporte und Reiseaktivitäten in andere Länder verschleppt worden ist.

Die Aedes aegypti ist etwa drei bis vier Millimeter lang und von dunkler Färbung, auffallend sind die mit weissen Streifen versehenen Beine und eine ebensolche Zeichnung auf dem oberen Teil des Rückens – ihr Stechrüssel ist schwarz. Nur die weiblichen Exemplare saugen nach ihrer Befruchtung Blut, um die Eiablage zu fördern – nicht nur von Menschen, sondern auch von Tieren. Man kann sie von den männlichen Stechmücken, die sich allein von Nektar ernähren, nur durch ihren etwas grösseren Körper unterscheiden.

Bereits geringste Mengen stehenden Wassers genügen der Aedes aegypti zur Eiablage – so wie es sich in weggeworfenen Büchsen und Flaschen, ausrangierten Behältern und alten Autoreifen auf verlassenen Grundstücken, aber auch in Untersetzern von Blumentöpfen, zum Beispiel, ansammelt. Die Larven entwickeln sich im Wasser, ihr Häuten und Verpuppen dauert nur zwei Tage – der gesamte Lebenszyklus der Mücke währt bei optimalen Bedingungen nicht länger als zehn Tage, kann jedoch bei kälteren Temperaturen auch mehrere Monate betragen.

Die inzwischen als am wahrscheinlichsten bezeichnete Theorie besagt, dass die Aedes mittels jener portugiesischen Sklaventransportschiffe des 18. und 19. Jahrhunderts den amerikanischen Kontinent erreicht haben und sich dort ausbreiteten. Offizielle Eintragungen aus Curitiba (Bundesstaat Paraná) weisen auf die Präsenz dieser Mosquitos gegen Ende des 19. Jahrhunderts hin, und in Niterói (Bundesstaat Rio de Janeiro) wurden sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts registriert. Dann breiteten sich weiter über alle tropischen und subtropischen Teile Süd- und Zentralamerikas aus.

Nach ihrem Einzug in die Städte kam es dann plötzlich landesweit zu Ausbrüchen von Gelbfieber und Dengue. Etwa ab der Mitte der 1990er Jahre – nachdem man Dengue als endemische Krankheit klassifiziert hatte – holte sie sich Jahr um Jahr ihre Opfer, besonders während des tropischen Sommers (zwischen November und Februar), eine besonders günstige Zeit für die Reproduktion der Stechmücke.

In einem Interview sagte der Epidemiologe und Generalsekretär der “Sociedade Brasileira de Dengue e Arbovirose”, Luciano Pamplona, dass man die Aedes aegypti bereits als “eingebürgerten Moskito” betrachten kann. “Er hat sich praktisch zu einem unserer Haustierchen entwickelt“, scherzte der Wissenschaftler, der auch Professor der Medizinischen Fakultät der Staatlichen Universität von Ceará (Nordostbrasilien) ist.

Die Daten eines “Schnellen Aufstellungsindex der Aedes aegypti“ des brasilianischen Gesundheitsministeriums weisen darauf hin, dass im Nordosten vor allem Wassertonnen und Wasserkästen als bedeutendste Brutstätten der Moskitos anzusehen sind. Im Südosten und dem Mittleren Westen des Landes überwiegen Behälter des Haushalts, dazu gehören auch Flaschen und die Untersetzer von Blumentöpfen, die von den Moskitos als Brutplätze bevorzugt werden. Im Norden und Süden finden die Moskitos vor allem im Abfall der Wegwerfgesellschaft ideale Bedingungen für ihre Proliferation.

Der Spezialist Luciano Pamplona beantwortete noch ein paar Fragen dazu:

Hat sich die Aedes aegypti im Lauf der Jahre unseren Städten angepasst?
Luciano Pamplona: Ohne jeden Zweifel! Aufzeichnungen von vor 40 bis 50 Jahren beweisen, dass sich das Insekt bereits in jener Epoche als urbaner Moskito etabliert hatte. Diese Anpassung geschah innerhalb einer überraschend kurzen Zeitspanne. Heute ist er ein domestizierter Moskito, der vollkommen an unsere heimischen Gepflogenheiten angepasst ist. Um die 80% bis 90% der Konzentrationen der Vektoren (Überträger) befinden sich innerhalb der Haushalte der Einwohner.

Reproduziert sich die Aedes auch in Schmutzwasser oder nur in sauberem Wasser?
Luciano Pamplona: Was bezeichnen sie als sauberes Wasser? Für den Moskito ist es einfach Wasser ohne Bewegung und ohne organische Materie im Zustand der Zersetzung. Das genügt. In einem Graben, zum Beispiel, wenn die Sedimente abgesunken sind, ist das Wasser für ihn sauber genug. Deshalb ist die Definition sauberen Wassers für den Moskito sehr relativ. Ausserdem: Wenn er keinen Behälter mit sauberem Wasser findet, dann akzeptiert er auch weniger sauberes Wasser – und sogar Abwasser. Jede noch so kleine Pfütze kann sich in eine Brutstätte verwandeln.

Welche Umgebung könnte man als ideal für die Reproduktion des Moskitos bezeichnen?
Luciano Pamplona: Viele Leute glauben, dass der weibliche Moskito die Eier ins Wasser legt. Tatsächlich klebt die Stechmücke sie an die Wand des Behälters. Sie braucht also einen Behälter mit Wänden. Deshalb legt sie keine Eier in Flüsse, zum Beispiel. Der Zustand des Wassers, ob ruhig oder nicht, hat nur geringen Einfluss. Aber sie bevorzugt stilles Wasser, dunklere Lokalitäten, poröse Wände, an denen die Eier besser kleben und bewegungsfreie Orte. Das sind die bevorzugten Stellen zur Eiablage.

Ist es wahr, dass die Aedes auch grössere Höhen erreicht – Hochhäuser zum Beispiel?
Luciano Pamplona: Wer in oberen Appartements wohnt, erreicht sie wie? Mit dem Aufzug. Der Moskito macht das genauso wie wir. Die Tatsache, dass er nicht in zu grossen Höhen fliegen kann, hindert ihn jedoch nicht daran, Wohnungen in grösserer Höhe zu erreichen. Wie wir, nimmt er den Aufzug, fährt mit im Auto, reist per Flugzeug. Der Moskito bewegt sich, indem er sich derselben Mechanismen bedient wie wir selbst – absolut angepasst, erinnern sie sich? Wo wir hingehen, kommt er, beziehungsweise sie, hinterher.

Ist die die Aedes aegipti in der Lage, das Zika-Virus noch schneller zu verbreiten als das schon bekannte Virus der Dengue-Krankheit?
Luciano Pamplona: Wir erleben derzeit eine Menge noch unbeweisbarer Spekulationen. Wir wissen noch viel zu wenig über Zika. Die Krankheit selbst ist kaum der Rede wert – bei 80% der vom Moskito Gestochenen zeigen sich keinerlei Symptome. Bei den drei Personen, die durch Zika gestorben sind, gab es wahrscheinlich einen Zusammenhang mit anderen Schädigungen ihres Organismus, die mit Zika zusammen zum Tod führten. Was den Dengue-Virus dagegen betrifft, haben wir zirka 800 Brasilianer die pro Jahr daran sterben. Tatsache ist, dass wir immer noch mehr Fragen haben als Antworten. Ich nehme an, dass wir noch eine ganze Weile für das Studium des Zika-Virus brauchen werden…“

Das Zika-Virus

Mosquito Aedes aegypti, Foto (Marcelo Camargo/Agência Brasil)
Foto: Marcelo Camargo / AgênciaBrasil
Zu Beginn des Jahres 2015 klagten etwa vierzig Bewohner des Ortes Camaçari, im brasilianischen Bundesstaat Bahia, über einen juckenden Hautausschlag und Gelenkschmerzen am ganzen Körper. Nach einer genauen Untersuchung schloss man Dengue-Fieber aus, auch Röteln oder Masern kamen nicht in Betracht. Durch die den Patienten entnommenen Blutproben stellten die Wissenschaftler des biologischen Instituts der staatlichen Universität in Salvador, mittels des modernen RT-PCR-Verfahrens fest, dass es sich um das aus dem tropischen Afrika stammende Zika-Virus handelte, welches zum ersten Mal 1952 in Uganda und Tansania im menschlichen Organismus nachgewiesen werden konnte. Bis zum Jahr 2007 waren lediglich 15 Zika-Infektionen bei Menschen bekannt – alle in Afrika und Asien.

Die Ursache dieser erstmaligen Erscheinung des Zika-Virus auf dem amerikanischen Kontinent vermutet Gúbio Soarez, wissenschaftlicher Leiter des Labors in Salvador, in den intensiven Reiseaktivitäten anlässlich der Fussball-WM 2014 in die benachbarte bahianische Hauptstadt. Bis zum Ende des Monats April 2015 waren in Salvador bereits zirka 500 kranke Personen gemeldet. Inzwischen weiss man, dass das in Südamerika erschienene Zika-Virus aus Asien stammt (durch seine 99,7 prozentige Ähnlichkeit mit polynesischen Stämmen). Und daraus kann man folgern, dass eine Unterart der Aedes aegypti, nämlich die asiatisch-stämmige Aedes albopictus (siehe Beschreibung) ebenfalls in Südamerika Fuss gefasst hat.

Leider ist vom Zika-Virus hinsichtlich seiner biologischen Beschaffenheit und den Details seiner Übertragungswege noch viel zu wenig bekannt (Stand Dezember 2015). Sein natürliches Ursprungsgebiet ist das tropische Afrika, von wo aus es sich durch Reisende nicht nur in der gesamten tropischen Zone rund um den Erdball verbreitet hat, sondern im Zuge der globalen Erwärmung auch anfängt, sich in anderen Klimazonen einzunisten – beispielsweise in Europa. Und es ist bekannt, dass diese Viren in erster Linie durch Stechmücken der Gattung Aedes aegypti und der Unterart Aedes albopictus verbreitet werden.

Der Verlauf einer Zika-Infektion kann als relativ harmlos bezeichnet werden – von fünf infizierten Personen entwickeln sich nur bei einer tatsächliche Symptome – zum Beispiel kommt es zu Hautausschlag, begleitet von Fieber (dem Zika-Fieber), darüber hinaus Gelenkschmerzen, etwas seltener zu Muskel- und Kopfschmerzen und manchmal auch Erbrechen. Jedoch lassen diese Symptome schon nach wenigen Tagen bis einer Woche nach und klingen ab. Bisher gibt es keine gesicherten Todesfälle.

Allerdings gibt es inzwischen den Verdacht, dass eine Übertragung des Zika-Virus auch durch sexuellen Kontakt möglich ist. Dabei bezieht man sich auf Einzelfälle, wie zum Beispiel der eines Biologen der Colorado State University (USA), der seine Frau mit dem Zika-Virus infiziert haben soll. Im Februar 2016 gab es einen weiteren Bericht über einen ähnlichen Fall in Dallas (USA).

Seit November 2015 hat man allerdings den begründeten Verdacht eines Zusammenhangs zwischen einer Zika-Infektion schwangerer Frauen und einer Mikrozephalie (Missbildung des Gehirns) ihrer Neugeborenen. Erst in diesem Jahr 2016 konnte man einen sicheren Nachweis für die Infektion eines fötalen Gehirns mit dem Zika-Virus erbringen: Die Angestellte eines Unternehmens aus Slowenien, die sich beruflich in der brasilianischen Stadt Natal (Bundesstaat Rio Grande do Norte) aufhielt und dort schwanger wurde, erkrankte in der 13. Schwangerschaftswoche mit allen Anzeichen einer Zika-Infektion.

Eine Ultraschall-Untersuchung ergab beim Fötus keine morphologischen Auffälligkeiten. Zurück in ihrer Heimatstadt Ljubljana ergab eine erneute Untersuchung, in der 29. Woche, erste Anzeichen einer Mikrozephalie bei ihrem ungeborenen Kind, die sich in der 32. Woche als “hochgradig“ (Hirn- und Kopfgrösse weit unterhalb des Durchschnitts) erwies – nach dem erfolgten Schwangerschaftsabbruch konnte im Gehirngewebe des Kindes die so genannte “virale RNA des Zika-Virus“ nachgewiesen werden, das zu 99% mit einer RNA aus Polynesien überinstimmte, deren Nachweis aus dem Jahr 2013 stammte.

Das Ergebnis bestätigt auch eine Entdeckung von Zika-Viren im Fruchtwasser zweier mikrozephaler Föten in Brasilien – auch in diesen beiden Fällen entsprachen die Laborergebnisse jenen polynesischen Zika-Virus-Isolaten.

Soweit man es bis heute beurteilen kann, verläuft eine Infektion durch den Zika-Virus für die schwangere Mutter selbst allerdings nicht komplizierter als bei nichtschwangeren Frauen.

Schwierig ist jedoch die Diagnose einer spezifischen Infektion durch den Zika-Virus. Und zwar deshalb, weil es in den entsprechenden Regionen seines Vorkommens andere endemische Viren gibt, die sich durch ganz ähnliche Symptome bemerkbar machen. Mit der schon erwähnten RT-PCR-Methode kann das Zika-Virus im Blut nur nachgewiesen werden, wenn sich der Patient zwischen 1 bis 3 Tagen nach Auftreten der ersten Symptome untersuchen lässt und, darüber hinaus, innerhalb von 3 bis 5 Tagen nach den ersten Symptomen Speichel- oder Urinproben zur Untersuchung abgibt.

Bei der Untersuchung sind eine Vielzahl anderer viraler und bakterieller Infekte auszugrenzen – vor allem in Latein- und Südamerika muss man das viel häufigere Dengue-Virus ausschliessen, das bei einer akuten Infektion ganz ähnliche Allgemeinsymptome präsentiert. Aber auch Viren wie die von Röteln, Masern oder einer in den Tropen häufigen Malaria, zum Beispiel, müssen ausgegrenzt werden.

Nachdem die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) den ersten Ausbruch des Zika-Virus ausserhalb seiner afrikanischen Heimat festgestellt hatte, stufte sie ihn als “Emerging Pathogen“ ein, als einen Krankheitserreger, der sich möglicherweise weiter über unsere Erde ausbreiten wird. Auch seine “Verwandten“, das Dengue-Virus und das Chikungunya-Virus, die ebenfalls durch die Aedes-Stechmücken übertragen werden und beim Menschen zu weitaus schwereren Krankheiten führen können, wurden als “Emerging Pathogens“ eingestuft.

Das Chikungunya-Virus

Noch ein Virus, der von den beiden erwähnten Stechmücken übertragen wird und das so genannte Chikungunya-Fieber auslöst – eine tropische, infektiöse Krankheit, die sich durch starke Gelenkschmerzen und hohes Fieber ankündigt. Früher auf das östliche und südliche Afrika, sowie Südostasien begrenzt, breitet sie sich inzwischen auf den Inseln des Indischen Ozeans, der Karibik und in Mittel- und Südamerika aus. Chikungunya bedeutet “der gekrümmt Gehende“ – aus dem Sprachgebrauch der Makonde, einem Bantu-Volk aus Tansania (Afrika). Im Deutschen kennt man die Krankheit auch als “Gebeugter Mann“.

Eine Diagnose wird mittels Blutuntersuchung gestellt. Das untersuchende Labor unterliegt einer Meldepflicht nach dem Infektionsschutz-Gesetz. Meldepflicht durch den Arzt besteht aber nur dann, wenn sich die Krankheit zu einem so genannten “hämorrhagischen Fieber“ ausweitet, was jedoch beim Chikungunya-Virus selten der Fall ist. Der Krankheitsverlauf gestaltet sich in den meisten Fällen gutartig und selbstbegrenzend – Nachwirkungen und Todesfälle sind äusserst selten.

Eine gezielte Therapie oder Impfung gibt es noch nicht. Zur Vorbeugung sollte man die Proliferation und Verbreitung der Vektoren – also der Aedes-Stechmücken – bekämpfen, und wenn man in deren Verbreitungsgebiete reisen muss, sollte man Mückenstiche meiden.

Globale Erwärmung fördert die Ausbreitung der Aedes albopictus

In diesem Fall ist eine Unterart der Aedes aegypti gemeint, nämlich die aus den asiatischen Tropen stammende “Asiatische Tigermücke“ (Aedes albopictus) – seit 2004 in Stegomyia albopicta umbenannt. Sie gilt ebenfalls als Vektor (Zwischenwirt und Überträger) des Dengue-, Zika- und Chikungunya-Fiebers. Weltweit ist diese Stechmückenart durch den Schiffs- und Flugtransport von Menschen und Waren verschleppt worden und hat sich seit den 1990er Jahren bis nach Europa ausgebreitet. Dabei wird sie, so wie die Aedes aegypti, von ihrer perfekten Anpassungsfähigkeit an die Gepflogenheiten der Menschen unterstützt. Und nicht zuletzt durch die globale Erwärmung wird sich die Asiatische Tigermücke wohl auch weitere Siedlungsgebiete erschliessen.

In der englischen University of Liverpool haben Forscher berechnet, dass die Asiatische Tigermücke, bedingt durch den Klimawandel, zwischen 2030 und 2050 in weiten Teilen Europas beste Lebensbedingungen antreffen wird. Die Ergebnisse dieser Wissenschaftler wurden im April 2012 in der Zeitschrift “Interface“ der Royal Society veröffentlicht.
Der kontinuierliche, weltweite Vormarsch der Aedes albopictus.

Erste Nachweise der Asiatischen Tigermücke in Nordamerika stammen aus dem Jahr 1983, aus der Stadt Memphis (Tennesse). Im Jahr 1985 entdeckte man in Texas eine Population des Insekts – und bis zum Jahr 1990 hatte sich die Art bereits in 25 US-Staaten etabliert.

1986 hat man die Asiatischen Tigermücken erstmals in Brasilien nachgewiesen – 1988 dann auch in Mexiko. Anschliessende Forschungen ergaben fast eine flächendeckende Invasion in ganz Mittel- und Südamerika: die Dominikanische Republik (1993), Bolivien, Kuba, Honduras und Guatemala (1995), El Salvador (1996), die Kaimaninseln ((1997), Argentinien (1998), Paraguay (1999), Kolumbien (2001), Panama (2002), Uruguay und Nicaragua (2003).

Südafrika – seit 1990 wird sie dort gefunden – in Nigeria hat sie sich seit 1991 etabliert. Kamerun bewohnt sie seit 2000 – 2001 siedelt sie auch in Äquatorialguinea und ab 2006 in Gabun.
Der Nahe Osten ist ab 2003 im Libanon Einwanderungsgebiet und 2005 ist Syrien an der Reihe – ihre erste Entdeckung wird 2003 in Israel publiziert.

In Australien und Neuseeland konnte sich die Asiatische Tigermücke bisher nicht festsetzen. Das liegt vor allem an der vorbildlichen entomologischen Kontrolle der Schiffs- und Flughäfen dieser Länder. Während sie auf den Inseln der Torres-Strasse, zwischen dem australischen Queensland und Papua-Neuguinea, längst heimisch geworden sind.

In Europa entdeckte man die Tigermücke zum ersten Mal in Albanien, im Jahr 1979, und man nimmt an, dass sie mit Warenimporten aus China dort eingereist ist.

Ihre Anwesenheit in Italien konnte man auf einen Import von gebrauchten Reifen aus Georgia (USA) zurückverfolgen (1999) – inzwischen hat sie sich fast auf dem gesamten italienischen Festland ausgebreitet, auch in Sizilien und auf Sardinien.

Ebenfalls seit 1999 kennt man sie auf dem französischen Festland, vorwiegend in Frankreichs Süden. 2002 hat man sie auf Korsika, in einer Ferienkolonie, aufgespürt – zu einem Dauergast wurde sie dort dann ab 2005.

In Belgien hat man die Stechmücke aus Asien zum ersten Mal im Jahr 2000 entdeckt, 2001 in Montenegro, im Jahr 2003 in der südlichen Schweiz (Kanton Tessin) und in Griechenland, im Jahr 2004 in Spanien (Katalonien) und Kroatien, im Jahr 2005 in den Niederlanden, im Jahr 2006 in Slowenien, Bosnien und Herzegowina.

In Deutschland fand man im September 2007 Eier der Tigermücke auf einer Raststätte der A5 bei Bad Bellingen (Baden-Württemberg) – bei Weil am Rhein, ebenfalls an der A5, fing man ein ausgewachsenes Tigermückenweibchen.

Im Jahr 2012 hat man die Asiatische Tigermücke erstmals in der Türkei (Ostthrakien) nachweisen können, in Tschechien (an der Europastrasse 461), im Grenzgebiet zu Öesterreich, und auf Mallorca. In Bukarest (Rumänien) haben sich die Insekten bereits seit 2012 etabliert – man kann sie regelmässig dort beobachten und findet auch die Larven in grosser Zahl, sodass man davon ausgehen kann, dass sie sich in der Hauptstadt definitiv eingenistet haben.

Im Jahr 2012 hat man in Baden-Württemberg und in Bayern, an jeweils vier Standorten Mückenfallen zur Kontrolle aufgestellt – Asiatische Tigermücken fing man damit an dreien dieser Standorte: Acht Weibchen, an einer Autobahn im Südosten von Baden-Württemberg, und fünf Weibchen und ein Männchen, an zwei Standorten in Südbayern – ebenfalls an einer Autobahn. Diese Ergebnisse demonstrieren eine regelmässige Einschleppung der Insekten über die Verkehrswege aus Südeuropa – inzwischen ist das Inntal (Österreich) bereits stark betroffen.

Ein besonderer Fund war 2013 ein Exemplar am “Waldsee“ von Freiburg im Breisgau – wo man dann auch Larven, Puppen und Eier gefunden hat. Damit konnten erstmals alle Entwicklungsstadien der Tigermücke ausserhalb der Flugdistanz zu Autobahnen festgestellt und die Ausbreitung des Insekts auch in Deutschland bewiesen werden.

Im Jahr 2015 entdeckte man im Westen der Stadt Freiburg, in einer Schrebergarten-Anlage, hunderte Mückenlarven, Puppen und auch ausgewachsene Exemplare – die „stabile Population“ der Asiatischen Tigermücke in Deutschland war damit kein Gerücht mehr.

US-Epidemiologen warnen die WHO vor einer Pandemie

Im “Journal of American Medical Association“ erschien kürzlich (am 27.01.2016) ein Artikel, in dem die beiden wissenschaftlichen Autoren – angesehene Epidemiologen – der WHO Passivität bezüglich einer weltweiten Kampagne zur Begrenzung der Gefahr einer “Zika-Virus-Pandemie“) vorwarfen. (Pandemie = weltweite Ausbreitung, Epidemie = örtliche Ausbreitung).

Besonders im Fall der tropischen Länder sei eine weltweite Ausbreitung wahrscheinlich – besonders nach grossen Events, wie der Olympiade in Rio de Janeiro, im August 2016. Sie empfahlen der WHO zu überlegen, ob sie nicht einen “Public Health Emergency of International Concern“ (Öffentlichen Gesundheitsnotstand Internationalen Ausmasses) ausrufen sollte. Desweiteren war zu lesen, dass eine Schutzimpfung gegen das Zika-Virus in frühestens drei, vielleicht aber auch erst einige Jahre später zu erwarten sei.

Bereits am nächsten Tag reagierte die WHO mit der Ankündigung eines internationalen Notfallkomitees gegen das Zika-Virus. Am 1. Februar 2016 sickerte durch, dass man sich auf drei bis vier Millionen Erkrankungen einstellen wird, nachdem die WHO sich mit den Mitgliedern des einberufenen Notfallkomitees beraten hatte – der vorgeschlagenen Erklärung eines “Gesundheitsnotstands Internationalen Aussmasses“ wurde entsprochen.

Daraus folgt, dass die WHO die betroffenen Regionen mit Hilfsmassnahmen unterstützen wird, Forschungsprojekte koordinieren und auch erforderliche Investitionen vornehmen wird.
Vorrangig soll der bisher nur vermutete, weil exakt wissenschaftlich noch nicht bewiesene, Zusammenhang zwischen Zika-Virus und der Mikrozephalie bei Neugeborenen genauer untersucht werden.

Höchste Alarmstufe für Mittel- und Südamerika

In Kolumbien und in Surinam erkrankten verschiedene Personen in den Monaten Oktober und November 2015. Im Folgemonat Dezember wurden mehrere Krankheitsfälle aus Martinique und Französisch-Guyana gemeldet. Ende Januar 2016 waren bereits Personen in 23 mittel- und südamerikanischen, sowie karibischen Ländern, erkrankt. Ein regionaler Zweig der WHO, die “Organización Panamericana de la Salud“, gab am 25. Januar 2016 bekannt, dass man Infektionen durch das Zika-Virus im gesamten Verbreitungsgebiet der Aedes-Stechmücken zu erwarten habe. Das würde den gesamten amerikanischen Doppelkontinent betreffen, mit Ausnahme von Kanada und Chile.

In Brasilien haben die Fälle von Mikrozephalie zwischen Oktober 2015 und Mitte Januar 2016 deutlich zugenommen – als Ursache nimmt man die Zika-Infektionen der Mütter an, obwohl das noch nicht exakt wissenschaftlich bewiesen ist. In dieser kurzen Zeitspanne wurden dem brasilianischen Gesundheitsministerium zirka 3.900 “Verdachtsfälle“ auf Mikrozephalie gemeldet (in den Jahren zuvor waren es nur etwa 200). Auch wenn, wie gesagt, der Zusammenhang mit dem Zika-Virus noch nicht bewiesen ist, raten die Gesundheitsbehörden von Kolumbien, Ekuador und Jamaika, Schwangerschaften in den nächsten Monaten zu vermeiden. Allein in Kolumbien ist bis im Januar 2016 die Zahl der Erkrankungen auf 13.500 angestiegen.

Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte einen Bericht (der dpa), dass viele brasilianische Frauen infolge der “schlimmen lokalen Zeitungsberichte“ gar nicht erst eine fachärztliche Beurteilung abwarten (ob ihr Baby Mikrozephalie geschädigt ist oder nicht), sondern eine Schwangerschaft sofort abbrechen – “noch nie wurde soviel abgetrieben wie heute“ – damit zitiert die brasilianische Tageszeitung “Folha de São Paulo“ Interviews mit mehreren Ärzten.

Bekämpfung der Überträger

Flyer ZikaIch erinnere mich, dass bereits vor zehn Jahren – also etwa 2004 bis 2005 – die “Agenten der Gesundheitsbehörde“ in Rio de Janeiro von Haus zu Haus gingen, um sämtliche eventuelle Brutstätten der Moskitos in den Haushalten zu eliminieren, indem sie in die Abflussrohre von Dusche und Bad, in die Untersetzer von Blumentöpfen und in Blumenvasen, ein Pulver streuten, das die Larven der Moskitos vernichten sollte.

Parallel dazu versprühten Fahrzeuge der Stadtverwaltung einmal pro Woche in allen Strassen Insektizide und hinterliessen einen Giftnebel, der sich nur langsam legte und viele Passanten in Atemnot brachte.
Anscheinend haben solche traditionellen Methoden rein gar nichts genützt – Abtöten oder Ausräuchern der Moskitos in Wohngebieten, sowie die eventuelle chemische Behandlung potenzieller Brutplätze in Wassertonnen und Tanks, in Pfützen und Gullis, nichts hat die Ausbreitung dieser widerstandsfähigen Insekten stoppen können.

Ein englisches Unternehmen, die Oxitec, hat 2009 den ersten Versuch mit gentechnisch veränderten Gelbfiebermücken auf der Insel Grand Cayman durchgeführt. Die Befruchtung durch jene “transgenen“ Männchen bewirkt ein Absterben ihrer Nachkommen bereits im Larvenstadium – das Experiment verringerte die Mückenpopulation um 80%! Weitere Feldversuche wurden von den Wissenschaftlern der Universität Oxford im Dezember 2010 in Malaysia und seit 2011 auch in Brasilien durchgeführt.

Ebenfalls in Brutgebieten Südostasiens beschäftigt sich eine Forschungsequipe aus Australien (Cairns University) seit 2011 mit einer massenhaften Aussetzung von Männchen der Tigermücke, die mit dem so genannten Wolbachia-Bakterium infiziert sind – es ist auf die Weibchen übertragbar und verhindert die Aufnahme des Dengue-Virus und damit die Übertragung auf den Menschen.

Warnung für Reisende

Solange jedoch noch keine Impfungen auf dem Markt existieren, und auch die Bekämpfungsversuche der Wissenschaftler noch keine sicht- und spürbaren Ergebnisse erzielt haben, müssen wir uns eben damit begnügen, die Insektenplage mit den bekannten herkömmlichen Mitteln abzuwehren – also mit bewährten Insektiziden, zum Versprühen oder zum Verreiben auf der Haut, mit Moskitonetzen und Gazefenstern, oder – einfach die tropischen, moskitoverseuchten Regionen im Urlaub meiden.

Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, das Österreichische Ministerium für Gesundheit und das Expertenkomitee für Reisemedizin der Schweiz empfehlen vor allem schwangeren Frauen, von Reisen in bekannte Regionen des Zika-Virus abzusehen.

Allen Reisenden wird empfohlen, in unvermeidlichen Fällen auf konsequenten Mückenschutz zu achten! (Empfehlung vom Februar 2016). Auch die “Centers of Disease Control and Prevention“ der USA schliessen sich diesen Empfehlungen an, besonders schwangeren Frauen raten sie, Reisen nach Brasilien und anderen mittel- und südamerikanischen Staaten zu verschieben, solange in diesen Regionen das Zikus-Virus grassiert.

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AutorIn: Klaus D. Günther

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