Spechte – Zimmermänner des Waldes

Zuletzt bearbeitet: 10. Mai 2021
Man kennt 180 Spechtarten, die auf dem Holz herumhämmern

In Brasilien kennt jedes Kind die Comic-Figur des “Pica-Pau“ – ganz Brasilien hat schon über seine Streiche und Abenteuer gelacht – vom Zeichenstift des Walter Lanz, in den 40er Jahren, hat er sich zum Kinohelden und ab 1957 auch zum beliebten TV-Star weiterentwickelt. Die Serie wurde durch die typisch menschlichen, aber oft wenig lobenswerten, Eigenschaften ihres Protagonisten ein grosser Publikumserfolg.

Der Specht – Foto: Rethinktwice auf Pixabay

Der unterhaltsame Comic-Star zeigte allerdings recht wenig von den Verhaltensweisen jenes Vogels, den er verkörperte, denn der Specht – oder vielmehr die 180 Vogelarten, die man mit diesem Namen bezeichnet – haben zahlreiche Eigenschaften, die es wert sind, näher betrachtet zu werden, denn sie gehören zu den Kuriositäten der Natur.

Der brasilianische Name “Pica-Pau“ (Holzhacker) bezeichnet sehr treffend die primäre Aktivität eines Spechts. Sein bedeutendes Werkzeug zum Überleben ist der extrem widerstandsfähige Schnabel, den er auf seiner Suche nach Insektenlarven zum behämmern und zerhacken des Holzes eines Baumstamms einsetzt.

Ein Specht besitzt besonders starke Muskeln im Halsbereich und sogar eine Schutzvorrichtung vor dem Gehirn, um den Organismus des Vogels gegen die täglichen Erschütterungen durch seine hämmernden Aktivitäten zu schützen. Ohne sie würden ihn die mehr als einhundert Schnabelhiebe pro Minute, mit der er das Holz bearbeitet, schon nach kurzer Zeit schwindlig machen.

Die Knochen zwischen Schnabel und Gehirn sind nicht aus einem Stück, sondern miteinander verbunden durch ein schwammartiges Gewebe, welches in der Lage ist, die Schocks zu absorbieren und so eine Schädigung des Gehirns zu verhindern. Das Gehör des Spechts ist äusserst sensibel, er benutzt es, um die Geräusche von Insektenlarven zu erfassen, die sich unter der Baumrinde verstecken.

Seinen Schnabel benutzt er auch als eine Art Sonde: Der Klang seiner Schnabelhiebe verrät ihm, ob der von ihm bearbeitete Stamm oder Ast hohl ist und deshalb wahrscheinlich auch Insektenlarven enthält. Hat er dann den Hohlraum mittels eines Spalts geöffnet, benutzt er seine klebrige Zunge – die etwa fünfmal so lang ist wie der Schnabel – um an seine Beute zu kommen. Allein durch ihre besondere Art der Nahrungssuche leisten die Spechte dem Wald einen bedeutenden Dienst, indem sie den Parasiten der Bäume zu Leibe rücken.

Analysen des Mageninhalts eines Feldspechts (Colaptes campestris) ergaben 2.093 Ameisen und bei einem Blondschopfspecht (Celeus flavescens) 1.489 Termiten – nach Helmut Sick in seinem Buch “Ornitologia Brasileira“.

Der Specht – Foto: Nico Wall auf Pixabay

Aber dies ist nicht die einzige Dienstleistung der Spechte und ihrer kräftigen Schnäbel. Dieses phantastische Werkzeug benutzen sie auch zum Nestbau. In der Regel arbeitet ein Pärchen an dieser Aufgabe gemeinsam. Dazu wählen sie unter den bereits toten Bäumen solche aus, die bereits einem Waldbrand widerstanden haben oder einem Blitzschlag. Und dann betätigen sie sich als die “Zimmerleute des Waldes“ – sie bauen nämlich nicht nur für sich selbst ein Holzhäuschen, sondern auch für verschiedene andere Vogelarten, die sich später in den Baumhöhlen einnisten, nachdem ihre “Erbauer“ sie wieder verlassen haben.

Oft entstehen sogar heftige Kämpfe im Konflikt um jene privilegierten Eigenheime. Unverschämte Vögel, wie der Tityra (Tityra cayana) polstern die Nisthöhle des Spechts bereits mit Blattwerk aus, wenn sich der Besitzer nur einen Moment von ihr entfernt – und wenn er zurückkommt wirft er die Polsterung wieder raus. Aber der Tityra gibt nicht auf und gewinnt schliesslich durch seine Insistenz – wodurch der Specht gezwungen wird, eine neue Nisthöhle für seine Brut anzulegen. Häufig findet man verlassene Spechthöhlen, die von Sittichen, Schwalben, Tukanen und anderen Vogelarten benutzt werden, die nicht in der Lage sind, das Holz eines Baumstamms zu bearbeiten.

Um seiner Nahrungssuche perfekt nachgehen zu können, bedient sich die Mehrheit der Spechte einer weiteren Fertigkeit, die den übrigen Vogelfamilien fremd ist: Sie können vertikal ragende Baumstämme erklettern. Dank ihrer ebenfalls starken Beine und Füsse – mit zwei Zehen nach vorn und weiteren zwei nach hinten – können sie sich am Stamm festhalten, den Schwanz setzen sie dabei als Stütze ein.

Spechte fallen allerdings nicht durch ihren Gesang auf – sie geben ab und an lediglich ein paar eher disharmonische, hohe Schreie von sich. Aber das kompensieren sie wieder mit ihrer perfekten Perkussion, wenn sie mit dem Schnabel auf die hohlen Bäume trommeln, mal schneller, mal langsamer, in unterschiedlichem Rhythmus. Sein Trommeln ist auch eine Form der akkustischen Abgrenzung seines Territoriums.

Eine der kleinsten brasilianischen Spechtarten ist der Zwergspecht (Picummus cirratus): Er ist nur 10 Zentimeter gross und wiegt etwas mehr als 11 Gramm. Der grösste Vertreter der Spechtfamilie in Brasilien ist der Robustspecht (Campephilus robustus), mit 36 Zentimetern und einem Gewicht von 200 Gramm. Ob klein oder gross, die Spechte sind ein Beispiel mehr aus der Vogelwelt, das beweist, dass die Kooperation zwischen den Spezies nicht zufällig ist, sondern ein Prinzip der Natur.

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