Gegen Kinderarbeit – Natal schafft Platz für Zusammenkünfte der Kinder

Zuletzt bearbeitet: 7. Mai 2014

913283-natal__40Natal, die Hauptstadt des Bundestaates Rio Grande do Norte, bereitet sich vor auf die Fussball-Weltmeisterschaft. Die WM wird dem Tourismus einen zusätzlichen Schub verpassen und den Betrieb an den Stränden, in den Geschäften und auf den Märkten beleben, an Orten, wo man die meisten arbeitenden Kinder entdecken kann. Das ist zum Beispiel der Fall bei Natan, er ist zwölf Jahre alt.

Jeden Montag fehlt der Junge in der Schule, weil er als Lastenträger auf dem Markt im Stadtteil Rocas gebraucht wird – 5 Reais (1,5 Euro) bekommt er pro Transport eines Einkaufs vom Markt bis ins Haus der Herrschaft, die Waren schleppt er in der Regel in einem grossen Korb auf seinem Kopf hinter seinen voranschreitenden “Kunden“ her.

“Um fünf Uhr morgens bin ich auf dem Markt, um ein bisschen Geld zu verdienen, danach gehe ich nach Hause – der Markt endet um sechs Uhr am Nachmittag“.

In Natal ist Kinderarbeit eine Realität. Nach Unterlagen der letzten Zählung des “Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística (IBGE)” arbeiten mehr als 43.000 Personen zwischen 10 und 17 Jahren in dieser Stadt. So wie der kleine Natan arbeiten viele Kinder auf Märkten, an den Stränden, im Tourismus und auf den Strassen.

Nach Aussage der Sekretärin für Arbeit und Sozialhilfe, ist man besorgt, dass die Anzahl der arbeitenden Kinder während der bevorstehenden WM noch weiter ansteigen könnte. Schon während des Konföderation-Cups hat das “Sekretariat für Menschenrechte der Landesregierung“ die Kinderarbeit – besonders in kommerziellen Einrichtungen – als eine der häufigsten Gesetzesübertretungen in den Austragungsorten des Confed-Cups festgestellt.

Um zu verhindern, das dies wieder passiert, wird die Präfektur zwei Zentren für Begegnung und Zusammenleben schaffen, in denen die Eltern ihre Kleinen zurücklassen können, während sie selbst ihrer Arbeit nachgehen. Ausserdem wird man Mitarbeiter zur Kontrolle spezifischer Zonen der Stadt abstellen. Wie die Sekretärin betont, stellt die “eingefleischte Kultur der Kinderarbeit“ das grösste Problem dar.

“Wir wissen natürlich, dass Kinderarbeit eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, deshalb bemühen wir uns um einen dauerhaften Kontakt und eine daraus folgende Aufklärung mit den Familien. Es nützt nichts, mit den Kindern zu reden, zu versuchen, sie von ihrer Arbeit abzuhalten, denn sie sind eingebunden in einen sozioökonomischen, politischen und kulturellen Kontext rund um ihre Familien. Und überall hört man dasselbe Sprichwort: “Es ist besser, dass er mit uns arbeitet, anstatt zu stehlen“, sagt Ilzamar die Sekretärin.

Anstatt zu arbeiten, Sport praktizieren. Dies ist eines der Vorhaben der “Associação de Juventudes Construindo Sonhos” (Verein der Jugend zur Realisierung von Träumen), wo Projekte mit Capoeira, Fussball und Tanz realisiert werden – mit zirka 200 Kindern und Jugendlichen. Die Organisation agiert in Partnerschaft mit Schulen der Kommunen an der Peripherie der Stadt Natal – als Gegenpol zur Kinderarbeit, so der Direktor und Präsident des Vereins, Francinaldo.

“Wir versuchen, die Schulflucht zu verringern, indem wir den Knaben etwas beibringen, mit dem sie auf der Strasse “arbeiten“ können – jedoch in Harmonie mit ihrer Schule. Also kommen sie in die Schule, um dort zu lernen“, sagt Francinaldo.

Suelen, neun Jahre alt, nimmt seit zwei Monaten an diesem Projekt teil und träumt davon, Capoeira-Meisterin zu werden. Das Kind, das noch dabei ist, die Grundbewegungen zu erlernen, sagt, wie froh sie sei, beim Sport zu sein.

“Das ist ein Sport, der mir gefällt, und das ist viel besser als auf Drogen zu sein in dieser Welt, weisst du“, bestätigt die Kleine.

Der Sport animiert die Knaben der Parzelle 2 im Stadtteil Pajuçara. Nach der Schule gehört Fussball zur allgemeinen Unterhaltung – auf dem Sportplatz. Doch der Platz ist alles andere als ideal. Der Betonboden hat Risse, der Zaun ist kaputt und das Spielfeld ohne Dach. Trotzdem finden es die meisten besser Fussball zu spielen, als auf der Strasse zu sein.

“Besser als auf der Strasse – denn auf der Strasse lernen wir nur Dinge zu tun, die man nicht tun sollte, nicht?“ sagt Wilson, zehn Jahre alt.

Auf einem dieser Sportplätze entwickelt Gilvan die Gruppe “Ação Social Aprendendo a Crescer” (Soziale Aktion, die lernt zu wachsen), in der Kinder und Jugendliche Fussball spielen. Das Projekt entstand vor zehn Jahren, um den Drogenhandel im Stadtteil Nossa Senhora da Apresentação zu bekämpfen.

913279-natal__21Abgesehen von der prekären Infrastruktur des Platzes, sind einige Ballkünstler in dieser Gruppe. In einem improvisierten Ausstellungsraum präsentieren sie ihre gewonnenen Trophäen, und eine davon ist besonders ungewöhnlich: Sie wurde den Jungen nach einem regionalen Wettkampf für aussergewöhnliche Disziplin verliehen. Neben den Freuden, zählt der Koordinator auch viele Probleme auf.

“Aus den investierten Milliarden für die Arenen der Fussball-Weltmeisterschaft lassen sich leider keine Verbesserungen für die Kinder der Veranstaltungs-Orte ableiten, die mit schlecht gewarteten oder zerstörten Sportplätzen leben müssen. Ich habe hier drinnen fünf Gummischieber, mit denen ich nach einem Regenguss das Wasser vom Spielfeld entferne. Das sollte so eigentlich nicht sein, sondern wir sollten ein Dach haben.

Tagsüber kann man den Platz nach neun Uhr früh nicht mehr benutzen, wegen der Hitze. Und die Bälle knallen an die Türen der umliegenden Häuser, weil der Zaun kaputt ist“, sagt Gilvan. Der städtische Sekretär für Sport und Freizeit, Eduardo Machado, behauptet, dass die Präfektur im Begriff sei, die öffentlichen Sportplätze zu reformieren. Von den 125 Sportplätzen seien 44 bereits in Reform. Der Sekretär erkennt an, dass die Anzahl der Freizeiteinrichtungen noch weit vom Ideal entfernt ist.

“Wir haben noch keine Pläne, mittels eigener Ressourcen neue Freizeiteinrichtungen zu schaffen – der Reform jener Einrichtungen, die wir bereits besitzen, gilt unsere Priorität“.
Die versprochene Reform hat allerdings den Sportplatz der “Aprendendo a Crescer“ noch nicht erreicht, wo auch der junge Alexandre, zwölf Jahre alt, zu spielen pflegt. Der Knabe, der von einer Karriere als Fussballstar träumt, sagt, dass es hier viel zu verbessern gibt. “Wenn sie das Dach endlich anbringen würden, den Boden ebnen und den Zaun erneuern… dann wäre ich darüber sehr froh“!

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