Die Mata Atlântica als Arbeitsplatz

Zuletzt bearbeitet: 8. Dezember 2020

haus-mata-atalnticaEine Region lediglich unter Schutz zu stellen garantiert noch lange nicht, dass sie auch tatsächlich erhalten wird. Noch schwieriger wird es, wenn es sich dabei um so große Dimensionen wie bei der Mata Atlântica, dem Atlantischen Regenwald handelt. Dessen Restfläche ist mit 163.739 Quadratkilometern knapp viermal so groß wie die Schweiz. Eine ganze Armee wäre notwendig, um das Schutzgebiet zu kontrollieren. Das brasilianische Umweltministerium, Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) und Institute setzen deshalb auf die Hilfe der Menschen, die im Regenwald leben: Kleinlandwirte, Fischer und Artesãs (Kunsthandwerker).

Auf den Landwirten lastet indes eine große Verantwortung. Sie sollen genügend gesunde Nahrungsmittel produzieren und gleichzeitig Biotope, Trinkwasser und Regenwald schützen. Der Spagat ist nicht so einfach zu bewältigen. „Wir, die wir auf das Land angewiesen sind, können es uns nicht leisten, nur auf den Naturschutz zu schauen ohne dabei an unser Überleben zu denken“, sagt Lauro Silvio Löschner. Er lebt mit seiner Familie im Landschaftsschutzgebiet von Guaraqueçaba und vertritt die traditionelle Gemeinschaft der dort ansässigen Kleinlandwirte. Diese haben es nicht leicht. Auf der einen Seite müssen sie strikte Umweltgesetze einhalten, auf der anderen Seite versuchen sie, von ihrer oft nur wenigen Hektar umfassenden Landwirtschaft zu überleben. Bei drei oder vier Hektar Land, können die vorgeschriebenen Abstände zu Biotopen wie Quellen, Sümpfe oder Bäche allerdings schnell eine bedeutende Fläche der landwirtschaftlichen Produktion entziehen. So ist beispielsweise selbst bei kleinen Gräben auf beiden Uferseiten ein Schutzstreifen von 30 Metern einzuhalten. Das ist jedoch nur eine von vielen Einschränkungen, mit denen die Kleinlandwirte konfrontiert sind.

In den Augen etlicher Kleinlandwirte ist der Regenwald ein totes Kapital. Er darf nicht abgeholzt und nicht ohne behördliche Genehmigung genutzt werden. Angesichts dessen und der hohen Auflagen durch das Gesetz ist der Naturschutz für viele Landwirte ein rotes Tuch. Sie dennoch davon zu überzeugen, dass es sich lohnt den Regenwald zu erhalten, ist eine Herausforderung.

mata-atlantica-protect„Wir müssen den Familien eine Verdienstmöglichkeit bieten“, sagt Daniela Oliveira vom brasilianischen Umweltministerium, dies auch, um eine weitere Abwanderung hin in die großen Städte zu vermeiden. Vor allem junge Familien und Jugendliche zieht es in die urbanen Zentren, in denen es mehr Arbeitsmöglichkeiten und höhere Einkommen gibt, die wiederum einen besseren Lebensstandard ermöglichen. Genau darum geht es auch bei vielen der Programme und Projekte zum Schutz des Atlantischen Regenwaldes. Verbessert werden sollen die Einkommen und die Lebensqualität der dort ansässigen Menschen. Dies auch, weil Studien zeigen, dass ein höheres Einkommen zum Schutz des Waldes beiträgt, wie Daniela Oliveira konstatiert. Wer sehe, dass es sich vom Regenwald gut leben lasse, würde diesen auch entsprechend schützen. Darüber hinaus erhalte dieser dadurch einen anderen Stellenwert.

Eine Möglichkeit, die kleinflächige Landwirtschaft rentabler zu gestalten, ist der Anbau von Gemüse, Mais und Maniok in Form der Waldlandwirtschaft, der Agrofloresta. Für diese Art der Landbewirtschaftung ist nur wenig Grund notwendig. Angebaut werden die Kulturpflanzen unter dem Schutz von Obst-, Nussbäumen und Palmen. Die Ergebnisse der Waldlandwirtschaft können sich durchaus sehen lassen. Dennoch gibt es ein Problem. Die Agrofloresta ist eine vollkommen andere Art der Landbewirtung, bei der umgedacht werden muss. Statt weiträumig eine einzige Kultur zu säen und zu pflegen, setzt die Waldlandwirtschaft auf eine Mischkultur von mehreren Arten auf engem Raum. Zum Einsatz kommen zudem Kompost und Gründüngung anstatt chemische Pflanzenschutzmittel und künstlicher Dünger.

Bei einer steigenden Nachfrage nach Bio-Produkten könnte diese Anbaumethode für die Kleinlandwirte der Mata Atlântica durchaus eine Alternative sein, die ein besseres Einkommen bedeutet. Darüber hinaus kann mit ihr die Biodiversität gesteigert werden, insbesondere dann, wenn degradierte Flächen und aufgelassene Weiden in eine Waldlandwirtschaft umgewandelt und dabei Fruchtbäume und andere Bäume angepflanzt werden. Die Waldlandwirschaft wird deshalb von vielen Institutionen gefördert, und sie soll künftig noch mehr Gewicht erhalten. Im Oktober 2013 legte die brasilianische Regierung einen landesweiten Plan zum Bio-Landbau auf, der zehn verschiedene Ministerien vereint. Nach diesem sollen in den nächsten drei Jahren umgerechnet etwa 2,9 Milliarden Euro in die ökologische Landwirtschaft und ebenso in die Waldlandwirtschaft fließen.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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