Rivalität nur auf dem Rasen – Brasilien und Deutschland verdreifachen Handelsvolumen in zehn Jahren

Heute Dienstag (08.07.), um 17:00 Uhr brasilianischer Zeit (22:00h MEZ), werden die Mannschaften beider Länder auf dem Spielfeld des Stadions Mineirão, in Belo Horizonte, herausfinden, wer von beiden das Zeug zum Finalisten dieser WM 2014 hat. Doch diese Rivalität spielt sich einzig und allein auf dem Rasen ab – ausserhalb ernten beide Länder die Früchte einer Jahrhundert-Verbindung, die sich aber in den letzten Jahren besonders vertieft hat.

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Deutschland gehört zu den grössten ausländischen Investoren in Brasilien. Das Handelsvolumen zwischen den beiden Nationen hat sich im letzten Jahrzehnt praktisch verdreifacht – zwischen 2003 stieg es von 7,3 Milliarden US$ auf 21,7 US$ im vergangenen Jahr 2013.

Nach Auskunft der Deutsch-Brasilianischen Handelskammer, die zur Unterstützung bei den Relationen beider Länder tätig ist, existieren in Brasilien zirka 1.400 deutschstämmige Unternehmen. Die haben zirka 250.000 Arbeitsplätze geschaffen, und sie sind verantwortlich für 10% des Brutto-Inland-Produkts (BIP) der brasilianischen Industrie. In der metropolitanen Region von São Paulo sind 900 dieser Unternehmen ansässig – die grösste Konzentration deutscher Zweigunternehmen der ganzen Welt.

Die kommerzielle Waage jedoch neigt sich immer noch zugunsten der Europäer, die hauptsächlich Rohstoffe importieren – wie Mineralien und Kaffee – auf der anderen Seite exportieren sie Industrieprodukte, vor allem Maschinen und Autos. Ein positiver Saldo von 8,6 Milliarden US$.

“Ich bestätige die Entschlossenheit Brasiliens und des Mercosul, unsere Handelsbeziehungen in Übereinstimmung mit unserer “Associação Comercial“ und der Europäischen Union zu erweitern, was uns erlauben wird, unsere kommerziellen Handelbeziehungen zu diversifizieren und zu vertiefen. Wir möchten uns auch mit Gütern von grösserem Wert an den Exporten nach Deutschland beteiligen“, sagte die Präsidentin Dilma Rousseff während einer Begegnung mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, die zur Eröffnung der WM, im Juni, nach Brasilien gekommen war.

Nach Auskunft des Kommunikations-Direktors Mercosul in der Kammer, Eckart Michael Pohl, bestehen die von Deutschland exportierten Güter unter anderem aus Medikamenten für die Human- und Veterinärmedizin, aus Mess- und Kontroll-Instrumenten und Apparaten, Pumpen und Kompressoren. “Aber wir schätzen, dass in Zukunft die Gebiete Infrastruktur und ihre Modernisierung, Technologien für Medizin und Gesundheit, Agrobusiness, Transportwesen, energetische Effizienz und andere Exporte hinsichtlich ambientaler Technologien, an Bedeutung gewinnen werden“, erklärte er.

Eine stabile Beziehung

“Brasilien ist ein sehr empfängliches Land”, bestätigt Erik Boettcher, Administrativ-Direktor der Produktkontrolle bei BAYER, dem Chemie-Konzern, der seit 118 Jahren in Brasilien sitzt. “Unser Unternehmen hat schon sehr früh an das Potenzial Brasiliens geglaubt, schon vor mehr als hundert Jahren, und wir haben uns kompromittiert, für eine zunehmend solidere Präsenz zu investieren“.

Die Firma BAYER präsentierte im Jahr 2003 ein Wachstum von 24% in Brasilien – der viertgrösste Markt der Unternehmensgruppe auf unserem Planeten. Der Gigant investierte zirka R$ 200 Millionen (fast 70 Millionen Euro) im vergangenen Jahr, und aus seiner Fabrik in São Paulo wurden zirka zwei Milliarden Tabletten in 42 Länder Lateinamerikas und Asiens exportiert.

“Die Beziehungen zwischen Brasilien und Deutschland stehen auf einem stabilen Fundament, und sie sind kontinuierlich am wachsen”, das bestätigt Ingo Dietz, Direktor für institutionelle Beziehungen der ALLIANZ, der grössten Versicherungsgruppe Europas. “Das Land wird sich in den kommenden Jahren für viele Möglichkeiten öffnen, und wir werden zusammenarbeiten für eine bessere Zukunft“.

Brasilien steht für 61% der gesamten Einnahmen der ALLIANZ in Lateinamerika, und das Unternehmen kündigte im Jahr 2013 die grösste Vereinbarung von “naming rights“ an, die je in diesem Land geschlossen wurde: Für R$ 300 Millionen (100 Millionen Euro) wird die ALLIANZ das Stadion vom Palmeiras-Club umtaufen – über eine Laufzeit von zwanzig Jahren. Das Stadion befindet sich in der Westzone der Stadt São Paulo und dürfte im zweiten Semester übergeben werden.

Auf dem Spielfeld

Wenn auch die kommerzielle Situation noch Deutschland begünstigt, so kehrt sie sich auf dem Spielfeld ins Gegenteil um. Die Geschichte zwischen den beiden siegreichsten Mannschaften aller Zeiten hat sich bisher weitaus grosszügiger gegenüber Brasilien gezeigt – die Seleção hat die Deutschen in 12 Partien besiegt – wurde nur viermal selbst geschlagen – und erreichte fünfmal ein Unentschieden.

Bei den WMs begegneten sich die Beiden nur ein einziges Mal, aber diese Begegnung blieb den Brasilianern in süsser Erinnerung. Es war im Jahr 2002, als die Kanariengelben, ebenfalls mit Trainer Scolari, Deutschland in Yokohama, Japan, mit 2:0 besiegte – und zum fünften Mal den World-Cup nachhause brachte – Brasilien war “Pentacampião“!

Brasilien und Deutschland haben, jeder für sich, sieben WM-Endspiele erreicht – daraus folgten fünf südamerikanische und drei europäische Titel. In den 19 bis heute umkämpften WMs erreichten bei 15 entweder Brasilianer oder Deutsche das Endspiel (lediglich die WMs von 1930, 34, 38, 78, 2006 und 2010 wurden ohne diese beiden Teams entschieden), eine Situation, die sich im Jahr 2014 wiederholen wird, denn eine dieser Beiden wird ganz sicher am 13. Juli in Rio de Janeiro sein, im Endspiel um den Weltmeistertitel – die andere wird sich damit begnügen müssen, in Brasília am Samstag (12.07.) um den Dritten Platz zu spielen.

“Ich kann von mir sagen, dass meine Mannschaft acht Weltmeistertitel gewonnen hat“, sagt Boettcher, der in São Paulo geboren ist, jedoch einen Grossteil seines Lebens in Deutschland verbracht hat. “Ich bin nicht traurig, wenn die eine oder die andere Mannschaft gewinnt. Ich bin höchstens besorgt, wenn Argentinien durchkommt und Champion wird“, scherzt er. “Ich werde für das zweit-brasilianischste Team dieser WM die Daumen halten“, lachte Dietz, der Deutsche, der seit drei Jahren in Brasilien lebt. Er erzählt, dass er die deutschen Fussballer auf dem Frankfurter Flughafen getroffen habe. “Ich habe mit einigen sprechen können, und sie sagten, dass es für sie ein Privileg sei, bei einer WM zu spielen, jedoch sei dieses Privileg noch grösser durch eine WM in Brasilien“!

Bären in Rio de Janeiro
ursos_rio_820Die Fussball-WM war der Aufhänger, um Tausenden von Touristen, die am Strand von Copacabana entlang marschieren, eines der Berliner Symbole zu präsentieren: Dort können sie die Ausstellung der “Buddy Bears – die Kunst der Toleranz“ anschauen, promotet vom Deutschen General-Konsulat in Rio. Die Skulpturen sind zirka zwei Meter hoch und bemalt von Künstlern verschiedener Länder, um die kulturelle Integration zwischen den Völkern zu fördern. Die Exponate werden noch bis zum 20. Juli an der Copacabana zu sehen sein.

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