Rio 2016 Kulturprogramm: Chor der Obdachlosen begeistert Passanten

Mit weißen T-Shirts auf denen “Uma Só Voz“ aufgedruckt ist, stehen etwa hundert Männer und Frauen aufgereiht neben- und hintereinander. Sie überraschen derzeit die Besucher Rio de Janeiros an verschiedenen Plätzen mit Gesang. Der Chor ist aber noch aus einem anderen Grund eine Besonderheit. Seine Mitglieder sind Bewohner der Straße, Obdachlose, die mit dem Projekt “WithOneVoice“ vereint wurden.

Chor "Uma Só Voz" - Foto: Paulo Virgilio/Agência Brasil
Chor „Uma Só Voz“ – Foto: Paulo Virgilio/Agência Brasil

Zu verdanken ist das Projekt der Olympiade. Denn gegründet wurde es von der Nichtregierungsorganisation “Streetwise Opera“ während der Olympiade in London 2012. Es war das erste Projekt, das auf diese Art mit dem Kulturprogramm der olympischen Spiele versucht hat, die Obdachlose Bevölkerung einzubinden.

Jetzt ist es nach Brasilien gekommen und begeistert dort nicht nur die Menschen, die auf der Straße leben, sondern auch die Passanten. Seine Premiere hat der Chor der einen Stimme am Museu do Amanhã, dem Museum von Morgen, in der neu gestalteten Hafenregion Rio de Janeiros.

Wo und wann der Chor der Straßenbewohner auftritt ist jedes Mal eine Überraschung. Wie Popcorn tauchen sie plötzlich an einem bestimmten Platz auf, um gemeinsam im Chor zu singen. Gemeinsam ist ihnen die wieder gewonnene Freude am Singen und, dass sie auf der Straße leben oder schon Obdachlose waren.

Dennoch ist der Chor bunt zusammen gesetzt. Er vereint Jugendliche, die in die Drogenwelt abgerutscht sind, Frauen und Männer, die aus den verschiedensten Gründen ihren Halt in der Gesellschaft verloren haben, bis hin zu über 60-Jährigen ohne Heimat und Haus.

Mit dem Projekt “Uma Só Voz“ erhalten sie nicht nur eine Stimme. Der Chor bedeutet ebenso die Möglichkeit, in ihnen schlummernde Talente zu entdecken und aus der Unsichtbarkeit herauszutreten, in der sie als Obdachlose leben.

Während die meisten Passanten an den auf den Straßen und Plätzen sitzenden bettelnden Menschen vorübergehen, diese nicht wahrnehmen oder wegsehen, bleiben viele von ihnen nun beim unerwarteten Auftritt des Chores stehen.

Der präsentiert populäre brasilianische Musik und internationale Evergreens. Gesungen wird dabei ebenso in englischer Sprache, und das obwohl die Gruppe erst vor gut zwei Monaten mit dem Üben angefangen hat.

Dirigiert werden die hundert Sänger und Sängerinnen von Ricardo Branco Vasconcellos, der seit 2013 an dem Projekt mitwirkt und Erfahrungen als Streetworker hat. Er hatte bereits an der Gründung eines Chores gearbeitet, als er Besuch von der britischen Organisation “Streetwise Opera“ erhalten hat, um den etwas anderen Olympiade-Chor zu besprechen.

Sangfreudige Obdachlose hat er bei sozialen Einrichtungen der Stadt, der Kirchen und anderen Institutionen gefunden. Ricardo Branco Vasconcellos ist aber auch nachts die Straßen und Plätze Rio de Janeiros abgelaufen und hat versucht, Obdachlose zum mitwirken zu überreden.

Ausgeschlossen wurde niemand. Sogar ein tauber Mann ist dabei, er wirkt durch sein Lächeln und die Freude in den Augen mit, wie Vasconcellos es ausdrückt.

Wieder wahregenommen zu werden und die Stärkung des Selbstwertgefühls sind nur ein Teil des Projektes. Unterstützt werden die Obdachlosen aber auch in anderen Belangen.

“Uma Só Voz“ zählt ebenso auf die Mitarbeit von 18 weiteren Künstlern, die verschiedenen Nichtregierungsorganisationen angehören oder einst ebenso auf der Straße gelebt haben. Unter ihnen sind neben Brasilianern auch Japaner, Australier, Engländer, Portugiesen und Amerikaner.

Getragen wird das Projekt von mehreren Einrichtigungen unter anderem dem British Council, der portugiesischen Stiftung Fundação Calouste Gulbenkian, der Präfektur Rio de Janeiros und dem Movimento Nacional de População de Rua.

Ziel ist es, mit Hilfe der Kunst die Obdachlosen zu transformieren. Das soll nicht nur bis zum Ende der olympischen Spiele geschehen, sondern auch nach dem Großevent weitergeführt werden und letztlich in einem weltweiten Netzwerk für die Menschen enden, die auf der Straße leben.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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