Karneval 2019: Enredos der Elite-Sambaschulen Rio de Janeiros Teil 1

Im Sambódromo Rio de Janeiros werden am 3. und 4. März gleich 14 Elite-Sambaschulen für das berühmteste Karnevalsspektakel der Welt sorgen. Dass die Zahl der Sambaschulen dieses Mal so hoch ist, liegt daran, dass es – wie schon 2017 – auch 2018 keinen Absteiger gegeben hat.

Carnaval Rio 2018: Beija-Flor – Foto: Fernando Grilli/Riotur

Für das Publikum bedeutet dies einen Genuß mehr, werden so doch am Sonntag (3. März) und Montag (4. März) jeweils sieben Sambaschulen über die Avenida im Sambódromo Marquês de Sapucaí ihre farbenprächtigen Paraden präsentieren.

Das Herzstück der Paraden sind die “enredos“. Sie geben die Themen der Paraden vor. Nach ihnen richten sich die allegorischen Wagen, die Kostüme und Figuren. Welche “enredos“ beim Karneval 2019 von den 14 Elite-Sambaschulen Rio de Janeiros präsentiert werden, können Sie hier efahren. Wir haben sie für Sie kurz zusammengefasst.

Paraden in der Nacht von Sonntag auf Montag, 03./04. März 2019

Império Serrano
O que é, o que é?
Was ist, was ist?

Hinter dem Titel steckt ein Klassiker der Música Popular Brasileira (MPB), ein 1982 veröffentlichter Samba des Sängers und Komponisten Luiz Gonzaga Junior, kurz Gonzaguinha genannt. Der beschäftigt sich auf humorvolle Weise mit der Frage, was das Leben ist. Ist es Leid oder Freude? Die Enträtselung kommt im Refrain: “É a vida, é bonita, e é bonita“ (Es ist das Leben, es ist schön, es ist schön). Wie beliebt dieser Samba ist, zeigt auch die Tatsache, dass viele Brasilianer den Text auswendig und lauthals mitsingen, wenn der Klassiker angespielt wird.

Unidos do Viradouro
Viraviradouro!
Viraviradouro!

Viradouro will Feen, Hexen, Magier und Zauberer auf die Avenida bringen und mit ihnen Geschichten über sie und die verzaubern, Geschichten, die früher die Großeltern ihren Enkeln erzählt haben. Im digitalen Zeitalter der Computerspiele soll an Merlin und Alice im Wunderland erinnert werden, sollen Zinnsoldaten und anderes Spielzeug wieder aufleben.

Carnavelsco Paulo Barros verspricht mit der Umsetzung des Enredos Vergnügen, Freude, Überraschungen und will das Publikum zum Lächeln bringen, wie er sagt.

“Viraviradouro” ist ebenso der Titel des Geschichtenbuchs, das dem Enredo als grüner Faden dient. Das Wort “virar“ bedeutet aber auch “drehen, wenden“. Unidos do Viradouro ist erst im vergangenen Jahr wieder in die Elitegruppe aufgestiegen und wird versuchen, sich dort zu halten und den Titel zu holen.

Acadêmicos do Grande Rio
Quem nunca? Que atire a primeira pedra!
Wer hat noch nie? Der werfe den ersten Stein!

Gute Manieren und politische Korrektheit sind im Alltag manchmal Raritäten. Acadêmicos do Grande Rio will das kritisieren und schlechte Gewohnheiten und andere Fehltritte präsentieren. Angefangen wird mit Selbstkritik. Eigentlich wäre die Sambaschule 2018 abgestiegen. Sie hat mit einem Antrag aber einen Abstieg vermieden.

Als Begründung wurden Probleme mit einem der allegorischen Wagen angeführt. 2017 hatten Probleme und Unfälle mit allegorischen Wagen ebenso dazu geführt, dass keine der Elite-Sambaschulen abgestiegen war.

Angeprangert werden wird aber auch das Werfen von Müll auf die Straßen, durch den Gullis verstopft und Überschwemmungen verstärkt werden, das Schreiben und Lesen von WhatsApp-Nachrichten am Steuer, der Vandalismus, illegale Graffiti, Prügeleien von Fans und selbst Fouls auf dem Fußballfeld.

Acadêmicos do Salgueiro
Xangô
Xango

Xango ist eine Gottheit des Umbanda und des Candomblé. Er ist aber auch der Schutzpatron der Acadêmicos do Salgueiro. Er ist der Gott der Blitze und der Seelen. Er steht für Macht und Gewalt und ebenso für Gerechtigkeit.

Im Christentum wird er mit dem Erzengel Michael verbunden, mit Johannes dem Täufer und auch mit dem heiligen Petrus. In Brasilien verweben sich die Religionen Afrikas mit der von den Europäern mitgebrachten Religion. Erwartet werden darf mit dem Enredo deshalb auch eine Verbindung der Kontinente und Kulturen.

Beija-Flor de Nilópolis
Quem não viu vai ver… As fábulas do Beija-Flor
Wer es nicht gesehen hat, wird sehen… Die Legenden der Beija-Flor

Beija Flor ist der aktuelle Champion. Die traditionsreiche Sambaschule wird sich selbst feiern und auf der Avenida des Sambódromos die sieben Jahrzehnte seines Wirkens Revue passieren lassen. Darstellen will sie die markantesten Enredos, die sie bisher präsentiert hat und ebenso die polemischsten Allegorien.

Eine davon ist die Christusfigur als Bettler, der 1989 mit einer Binde und der Aufschrift “Auch wenn es verboten ist, stehe uns bei“ versehen war.

Imperatriz Leopoldinense
Me dá um dinheiro aí
Gib mir ein Geld

Die “Kaiserin“ (Imperatriz) will sich dem Geld widmen. Zeigen will sie nicht nur, die Geschichte des Geldes, wie es entstanden ist und welchen Einfluss es hat. Vielmehr darf auch Gesellschaftskritik erwartet werden.

Das Geld, das die Welt bewegt hat auch seine Schattenseiten. Der Karriere und des Geldes willen wird so manches Mal auf tatsächlich wichtige Dinge des Lebens verzichtet. Zu den Schattenseiten gehört ebenso die Ausbeutung, Kriminalität, Korruption und Schmiergeld. Darstellen will Imperatriz dies auf humorvolle Weise.

Unidos da Tijuca
Cada macaco no seu galho. Ó, meu Pai, me dê o pão que eu não morro de fome!
Jeder Affe auf seinem Platz. Oh, mein Vater, gib mir das Brot, damit ich nicht Hungers sterbe!

“Cada macaco no seu galho“ war ein Spruch, mit dem vor allem die Schwarzen, Sklaven und wenig Betuchten auf ihren Platz verwiesen werden sollten. Unidos da Tijuca will ihn indes verwenden, um zur Aktivität aufzurufen.

Wenn jeder auf seine Weise einen Beitrag leistet, sind Veränderungen möglich, so ihre Devise. Der zweite Teil bezieht sich auf das Brot, das ebenso Gesellschaften verändert hat. Erzählt werden soll seine Geschichte, die vom Anbau des Getreides, aber auch die vom Teilen des Brotes durch Jesus Christus.

Aber auch die Geschichte des Machtmissbrauchs, der Schere zwischen Reich und Arm und des Hungers, der auch im 21. Jahrhundert trotz aller Technologie und Reichtums noch seine Opfer fordert. Doch Tijuca ist sich sicher, wenn jeder etwas tut, lässt sich auch das ändern.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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