Coronavirus: Keine Entwarnung in Brasilien – Weniger Todesopfer aber mehr Neuinfektionen

In nur einer Woche (21. bis 27. Juni) hat Brasilien bei den offiziell bestätigten Covid-19-Infektionen eine Zunahme von 246.088 Fällen verzeichnet und damit so viel wie noch nie in sieben Tagen. Seit dem Ausbruch der Pandemie sind in dem südamerikanischen Land nach Angaben des Gesundheitsministeriums über 1,3 Millionen Menschen positiv getestet worden, und das bei einer nach wie vor niedrigen Testrate.

Maskenabgabe in Recife – Foto: Andrea Rego Barros/PCR

Die Zahl der Todesopfer ist auf 57.070 gestiegen. 7.094 Menschen sind in den vergangenen sieben Tagen an den Folgen der Viruserkrankung gestorben, 169 weniger als in der Vorwoche.

Die höchste Zahl an Covid-Fällen verzeichnet der Südosten mit den Bundesstaaten São Paulo (über 265.000 Fälle) und Rio de Janeiro (knapp 109.000 Fälle). Gefolgt werden sie vom im Nordosten liegenden Bundesstaat Ceará (106.628 Fälle).

In mehreren Bundesstaaten gibt es trotz einer weiteren Zunahme bei den Neu-Infektionen bereits Lockerungen der Quarantänemaßnahmen. Gleichzeitig sind andere wegen erneuten Steigerungen wieder zurückgerudert. Beispiele sind Minas Gerais, der als einer der ersten Bundesstaaten Isolationsregeln erlassen und wieder flexibilisiert hatte, sowie Rio Grande do Sul.

Mittlerweile ist der Coronavirus bereits in knapp 90 Prozent aller Munizipe bestätigt worden. Der Schwerpunkt liegt dabei, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht mehr in den Hauptstädten der Bundesstaaten, sondern verteilt sich auf verschiedene Munizipe des Inlandes.

Während vor Kurzem noch ein Mangel an Beatmungsgeräten eins der großen Probleme bei der medizinischen Versorgung der Covid-Patienten war, prangern jetzt Mediziner und Pflegepersonal in verschiedenen Regionen des Landes einen Mangel von Medikamenten an, allen voran von für die Intubation unerlässlichen Betäubungs- und Beruhigungsmittel. Hilferufe kommen aus Paraná, Espírito Santo, Amapá und Mato Grosso.

Gouverneure und Mediziner fordern die Regierung zu Gegenmaßnahmen auf. Hinzu kommt, dass die Preise extrem gestiegen sind, weil Munizipe und Bundesstaaten bisher einzeln mit Lieferanten verhandelt haben.

Vom Gesundheitsministerium wurde die Verantwortung zunächst abgestritten. Kurz später kündigte es jedoch Medikamentenlieferungen für die nächsten Tagen an.

Immer lauter wird die Kritik am Verhalten des Präsidenten Jair Bolsonaro. Er wurde unlängst von einem Gericht des Hauptstadtdistriktes unter Androhung von Bußgeld zum Tragen von Masken verpflichtet, nachdem er trotz Mundschutzpflicht bei seinen Ausflügen in Brasília und Veranstaltungen die Vorsorgemaßnahme nicht eingehalten hat.

Offizielle Ansprachen zum Wüten der Pandemie im eigenen Land und der hohen Zahl an Todesopfern gibt es von ihm nicht. In einer seiner Live-Übertragungen in den sozialen Netzwerken hat er lediglich kurz die Todesfälle bedauert und für die Verstorbenen ein Ave-Maria auf dem Akkordeon spielen lassen.

Es gibt aber auch positive Nachrichten. In Manaus scheint das Schlimmste überstanden zu sein. In der Amazonashauptstadt haben sich im April dramatische Szenen mit Massengräbern und überfüllten Krankenhäusern abgespielt.

Nun konnte eins der eiligst eingerichteten provisorischen Krankenhäuser geschlossen werden. Die Belegung der Krankenhausbetten ist auf 67 Prozent gesunken. Frei gewordene Beatmungsgeräte sollen jetzt in die Munizipe gesendet werden, in denen sie dringend benötigt werden.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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