Bau des umstrittenen Wasserkraftwerk Belo Monte wird zu amerikanischen Umweltthriller

Das umstrittene Wasserkraftwerk Belo Monte im Amaoznas-Regenwald ist Mittelpunkt eines amerikanischen Umweltthrillers. “Sequestrada“ ist der Krimi überschrieben, der das Drama um den Bau des größten Wasserkraftwerkes Brasiliens zeigt, der enorme Auswirkungen auf Mensch und Umwelt verursacht hat.

Wasserkraftwerk Belo Monte – Foto: Roberto Stuckert Filho/PR

Verantwortlich für den Film zeichnen die amerikanische Soziologin Sabrina McCormick und der Fotograf Soopum Sohn. Gefilmt haben sie unter anderem in Altamira, dem Munizip, das durch den Bau des Kraftwerkes mit am stärksten betroffen war und ist. Geführt haben sie zahlreiche Gespräche in Indiodörfern.

Der Film ist eine Fiktion mit dokumentarischen Einlagen, wie Aufnahmen von Protesten der Bevölkerung gegen den Bau. Der hat die Region nachhaltig verändert. 22.000 Menschen wurden umgesiedelt. Mit dem Damm wurde eine Fläche von 478 Quadratkilometer und angestammtes Land indigener Völker unter Wasser gesetzt. Die Fläche entspricht in etwa der des Bodensees.

Verändert wurde das Wasserregime der Region. Indios und Flußanlieger klagen über Wassermangel unterhalb des Staubeckens und eine Abnahme der Fischzahl und Artenvielfalt. In Altamira selbst ist die Bevölkerungszahl innerhalb weniger Jahre von 99.000 auf 170.000 gestiegen und mit ihr die Probleme bei Infrastruktur und Abwasserentsorgung.

Zugenommen haben Gewalt, Armut, illegale Landnahmen, illegale Kahlschläge des Regenwaldes, Landspekulationen und ebenso soziale Probleme. Laut dem Gewaltatlas Brasiliens sind 2015 124 Todesopfer pro 100.000 Einwohner registriert worden.

Verzögerter Bau, mutmaßliche Planungsfehler und Korruption

Die Pläne für das gigantische Wasserkraftwerk gehen auf das Jahr 1975 während der Militärdiktatur zurück. Umgesetzt wurde es von den PT-Regierungen unter den Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und Dilma Rousseff Jahrzehnte später. Versprochen wurde dabei eine nachhaltige Entwicklung der Region. Die Pläne sahen ebenso die “Umsiedlung“ von 7.000 Indios zwölf verschiedener Indio-Territorien vor.

Waren ursprünglich 19 Milliarden Reais (umgerechnet derzeit etwa 4,2 Milliarden Euro) veranschlagt, sind letztlich über 40 Milliarden Reais investiert worden. Begonnen wurde mit dem Bau 2010. Die letzte der insgesamt 18 installierten Turbinen ging jedoch erst am 27. November dieses Jahres mit einer Feier und unter Beisein des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro in Betrieb.

Theoretisch können mit den 18 Turbinen über 11.000 Megawatt Strom erzeugt werden. Der Durchschnitt des produzierten Stromes wird mit 4.571 Megwatt angegeben. Versorgen soll es 18 Millionen Haushalte und damit etwa 60 Millionen Brasilianer.

Etliche Male wurde der Bau des Wasserkraftwerkes wegen Nichteinhaltungen der Auflagen zu Umwelt- und Sozialaspekten unterbrochen. Gerichte und Fahnder sind auch heute noch mit Belo Monte beschäftigt. Mittlerweile wird wegen mutmaßlicher Korruption ermittelt.

Unlängst bekannt wurde ebenso ein vermeintlicher Planungsfehler. Medien berichten von einem Antrag, den vorgeschriebenen Mindestabfluss von 700 Kubikmeter pro Sekunde zu verringern. Sie berufen sich auf ein Dokument des Betreibers Norte Energia an die brasilianische Wasserbehörde ANA.

Durch einen noch geringeren Abfluss werden hingegen Probleme der Wasserqualität berfürchtet und ebenso weitere negative Auswirkungen auf die Lebensgrundlage der Flussanlieger und Indios. Wird der Wasserabfluss nicht gedrosselt könnten hingegen Teile des erstellten Erd-Steindammes freigelegt und der Erosion ausgeliefert werden, wie es in Medienberichten heißt.

Dass der Wasserstand in den Staubecken Belo Montes derzeit so niedrig ist, hängt mit der regelmäßig wiederkehrenden Trockenperiode zusammen. Messungen aus den Jahren zwischen 1971 und 2014 zeigen, dass der Wasserfluss des Flusses Xingu auch ohne Kraftwerk im Oktober mehrfach unter 800 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgesunken ist. Norte Energie streitet strukturelle Probleme und mögliche Planungsfehler indes ab.

Teile von all diesen Problemen sind Grundlage des Filmes “Sequestrada“. Er nimmt sich vor allem der Tragödie an, die das Kraftwerk für die indigenen Völker bedeutet. “Sequestrada“ basiert auf realen Lebensgeschichten, heißt es in der Beschreibung des Thrillers.

Sie werden anhand einer fiktiven Geschichte des Indio-Mädchens Kamodjara erzählt. Das wird während einer Bootsreise zu einer Demonstration in Altamira gekidnappt und in ein Bordell gebracht.

Neben professionellen Schauspielern agieren in dem Film ebenso Indios aus der Region des Flusses Xingu und andere Laiendarsteller.

Am 9. Dezember soll der Film im amerikanischen Kongress in Washington ausgestrahlt werden. Wann und ob er auch in Brasilien zu sehen sein wird, ist noch offen.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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