Korruptionsvorwürfe: Justizkommission spricht sich gegen Anklage Temers aus

Präsident Michel Temer hat einmal mehr Rückendeckung von seinen Verbündeten erhalten. Auch die Zulassung der zweiten Anklage gegen ihn ist von den Mitgliedern der Justizkommission (CCJ) mehrheitlich abgeschmettert worden. Temer wird von der Generalstaatsanwaltschaft Justizbehinderung und die Anführung einer kriminellen Vereinigung zur Gewinnung von Schmiergeldern vorgeworfen.

Politikerrunde – Foto: Beto Barata/PR

Im Juli hatte sich die Justzizkommission der Abgeordnetenkammer bereits für eine Archivierung der vom damaligen Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot beantragten ersten Anklage wegen Korruption ausgesprochen. Kurz später hatte sich die Mehrheit der Abgeordneten ebenso gegen die Anklage ausgesprochen.

Damals wie jetzt wurde damit argumentiert, dass die mutmaßlichen Beweise nicht ausreichend wären und sich Temer nach Beendigung seiner Amtszeit (31. Dezember 2018) vor Gericht verantworten solle. Argumentiert wurde auch mit der Gefährdung der Stabilität des Landes.

Die Opposition spricht hingegen von handfesten Beweisen. Die beruhen unter anderem auf mehreren Kronzeugenaussagen und Gesprächsmitschnitten. In der 250-seitigen Anklageschrift erwähnt sind ebenso die Minister Eliseu Padilha und Moreira Franco.

Schon seit Wochen wird seitens Temers und seiner Anwälte versucht, einstige Verbündete und Freunde, die jetzt im Korruptionsskandal als Kronzeugen auftreten, als Kriminelle und als unglaubwürdig hinzustellen. Die gerichtlich genehmigten Gesprächsmitschnitte werden als illegal und irrelevant abgetan.

Als amtierender Präsident kann Temer nur dann angeklagt werden, wenn das Abgeordnetenhaus dem mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmt. Dem voraus geht eine Empfehlung durch die Justizkommission. Die hat am Mittwoch (18.) mit 39 zu 26 Stimmen eine Weiterleitung der Anklage abgelehnt.

Jetzt wird die Abstimmung der Abgeordnetenkammer erwartet. Die wird voraussichtlich in der kommenden Woche stattfinden. Notwendig wären dort 342 Stimmen, um den Prozess auf Eis zu legen oder weiterzuleiten.

Hinter den Kulissen versucht Temer bereits die Fäden zu ziehen, um möglichst viele Abgeordnete zu gewinnen, die gegen die Anklage stimmen. Der stark kritisierte Erlass Temers zur Erschwerung des Kampfes gegen sklavenähnliche Arbeit wird dabei als Zugeständnis an die im Parlament vertretene Agrolobby verstanden, um diese als Unterstützer zu gewinnen.

Geschachert wird auch mit den sogenannten “emendas“, mit denen Abgeordnete Finanzmittel für Projekte in ihren Wahlkreisen erhalten.

Schon kurz vor der Abstimmung über die erste Anklage sind diese in Milliardenhöhe vergeben worden. Jetzt soll Temer nochmals mindestens eine Milliarde Reais (umgerechnet derzeit etwa 270 Millionen Euro) an noch “unschlüssige“ Abgeordnete vergeben haben, um diese willig zu stimmen.

Während der Stimmenkauf in den Medien und von der Opposition aufs Schärfste verurteilt wird, gibt es von der Bevölkerung kaum Reaktionen zu den Vorgängen im Kongress.

Wurde bei den Demonstrationen der vergangenen Jahre noch ein Ende der Korruption gefordert, wird jetzt lediglich in den sozialen Netzwerken der Unmut darüber deutlich. Große Demonstrationen gibt es hingegen nicht und sind auch nicht zu erwarten.

Breit gemacht hat sich eine Resignation, die angesichts einiger Entscheidungen in der jüngsten Vergangenheit nicht verwunderlich ist. Erst am Dienstag (17.) ist Senator Aécio Neves von der Mehrheit des Senats absolviert worden.

Er war vom Obersten Gerichtshof angesichts einer Anklage wegen Korruption und Verschleierungsversuchen vom Amt des Senators suspendiert und mit Sicherheitsmaßnahmen belegt worden, nach denen er seinen Paß abgeben musst und nachts sein Haus nicht verlassen durfte.

44 der 81 Senatoren befanden die Maßnahmen jedoch für übertrieben und haben die Suspendierung aufgehoben. Unter ihnen befinden sich 17 die sich ebenso vor Gericht verantworten müssen. Gegen Aécio Neves laufen insgesamt neun Prozesse.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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