Massaker bei Gefängnisrevolte in Manaus

Foto: Marcello Casal Jr./Archiv Agência Brasil
Mindestens 56 Häftlinge sind bei einer Revolte im Gefängnis Complexo Penitenciário Anísio Jobim bei Manaus ums Leben gekommen. Dieses Mal ging es allerdings nicht um die unmenschlichen Bedingen der Haftanstalt. Hintergrund des blutigen Aufstands soll vielmehr ein Kampf zweier rivalisierender Banden gewesen sein.

Über 16 Stunden hat der Aufstand gedauert, der bereits am Sonntagabend (1.) begann. 74 Inhaftierte und auch Aufsichtspersonal wurden als Geiseln genommen. Mindestens 56 Häftlinge wurden laut dem Sekretär für öffentliche Sicherheit des Bundesstaates Amazonas umgebracht, sechs von sollen geköpft worden sein. Die Militärpolizei hat am Montag hingegen von 80 Toten gesprochen.

Aus einem anderen, nahe gelegenen Gefängnis sind zudem dutzende Inahftierte geflohen. Medien berichten von 154 Entflohenen und davon, dass die Flucht zur Verdeckung des Aufstands gedient haben soll.

Ausgelöst wurde das Massaker von einem Kampf zweier krimineller Banden um die Macht: der “Família do Norte“ (Familie des Nordens, FDN) und dem “Primeiro Comando da Capital“ (PCC).

Während die FDN den Drogenhandel sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gefängnisse im Bundesstaat Amazonas kontrolliert, stammt PCC aus São Paulo. PCC ist allerdings längst in beinahe allen Haftanstalten Brasiliens vertreten und sorgt immer wieder für Blutvergießen.

Probleme und der Kampf zwischen den beiden Gangs in der Haftanstalt bei Manaus wurden bereits vor einem Jahr vom nationalen Justizrat bei den Behörden angeklagt. Angeprangert wurde von diesem ebenso, dass sich die Arbeit der Wächter lediglich auf das Aufschließen der Zellen am Morgen und das Verschließen am Abend beschränke, während sich die Häftlinge im Komplex Anísio Jobim frei bewegten und dort “regierten“.

Hinzu kommt eine enorme Überbelegung. Ausgelegt ist die Anstalt für 590 Häftlinge, belegt ist sie mit 1.800. Auch von “Gegenständen“, die als Waffen eingesetzt werden könnten, wurde vom Justizrat berichtet.

Bei dem Aufstand sind sowohl Messer, Gewehre als auch Pistolen eingesetzt worden, wie auf von den Inhaftierten angefertigten Fotos zu sehen ist. Die Niederschlagung der Revolte ist durch Verhandlungen gelungen. Die Verantwortlichen werden zur Rechenschaft gezogen, heißt es.

Auch wenn nur acht Prozent aller Verbrechen in dem südamerikanischen Land aufgeklärt werden, ist eine Überbelegung der Haftanstalten keine Seltenheit. Hinzu kommen oft chaotische und menschenunwürdige Zustände in den Gefängnissen sowie das beinahe unkontrollierte Einbringen von Gerätschaften, Handys, Drogen und auch Waffen.

Justizminister Alexandre de Moraes hat angekündigt, endlich gegen die notorische Überbelegung in brasilianischen Gefängnissen vorzugehen. Er will die Zahl derjenigen verringern, die bis wegen Kleindelikten provisorisch einsitzen und auf ihre Verhandlung warten. Geschehen soll dies durch Anhörungen. Im Fall von Manaus hat er die zudem die Verlegung der Bandenanführer auf andere Bundesgefängnisse vorgeschlagen.

Das Massaker von Manaus war nicht das erste in brasilianischen Haftanstalten. Erst im Oktober 2016 sind in einem Gefängnis in Roraima, ebenso bei Konflikten zwischen verfeindeten Mafien, 25 Insassen ums Leben gekommen. Das größte Blutvergießen wurde indes 1992 in der Haftanstalt Carandiru von der Polizei angerichtet.

Die hatte zur Niederschlagung eines Aufstands das Gefängnis gestürmt und dabei wahllos 111 Männer erschossen.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes

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