Brasiliens Präsidentin unterzeichnet umstrittenes Gesetz zur Nutzung der Biodiversität

Kurz vor dem Internationalen Tag der Artenvielfalt, hat Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff den “Marco Legal da Biodiversidade“ unterschrieben. Der stößt allerdings auf heftige Kritik bei Naturschützern, Wissenschaftlern, sozialen Institutionen sowie Vertretern der traditionellen Gemeinschaften und der Indios. Während Regierung, Pharma- und Kosmetikindustrie feiern, haben verschiedene Organisationen angekündigt, beim Obersten Gerichtshof des Landes gegen das Gesetz zu klagen.

Presidenta Dilma Rousseff durante cerimônia de sanção do novo marco legal da biodiversidade que regulamenta o acesso ao patrimônio genético e ao conhecimento tradicional associado. (Brasília - DF, 20/05/2015)
Dilma Rousseff während der Debatte des umstrittenen Gesetzes „Marco legal da biodiversidade“
Foto: Roberto Stuckert-Filho / ABr

Vom Umweltministerium und der Regierung wird der Marco da Biodiversidade als großer Fortschritt verkauft, mit dem eine Entbürokratisierung und eine Regelung für Royalties geschaffen werden. Danach entfallen künftig Anträge zur Genehmigung der Erforschung oder Nutzung der enormen Artenvielfalt Brasiliens beim Conselho de Gestão do Patrimônio Genético (Rat zum genetischen Erbe). Notwendig ist lediglich eine Registrierung via Internet. Royalties in Höhe von bis zu einem Prozent werden wiederum erst dann fällig, wenn ein Produkt auf den Markt kommt. Ausgenommen sind davon indes kleine Unternehmen und Produzenten.

Naturschützer, soziale Organisationen und Indio-Völker kritisieren nicht nur diesen vereinfachten Zugang zu den natürlichen Schätzen Brasiliens. Befürchtet wird eine Umgehung der Zahlungsverpflichtung, da es häufig nicht die Entwickler und Forschungseinrichtungen sind, die das Produkt auf den Markt bringen, sondern andere Firmen. Auch werden die Zahlungen nur für Hauptwirkstoffe fällig.

Knapp 150 Verbände, Organisationen, Vereinigungen und Vertreter der Indio-Völker haben ihr Veto eingelegt. Ihrer Meinung nach werden Ausgleichszahlungen für das Wissen der Urvölker und traditioneller Gemeinschaften über die heilende oder kosmetische Wirkung von Pflanzen sowie die Nutzung der Biodiversität künftig Ausnahmefälle sein. Sie sprechen zudem von einer juristischen Unsicherheit und prangern ein komplettes Fehlen einer Kontrolle an.

Kritisiert wird ebenso, dass Indios, Extrativisten und Quilombolos nicht in die Erarbeitung der Regelungen eingebunden worden seien. Das Institut Sócio Ambiental hat deshalb bereits angekündigt, sich an das Verfassungsgericht zu wenden, da es den Marco da Biodiversidade als verfassungswidrig einstuft.

Von der Industrie werden die Erleichterungen hingegen begrüßt. Die Pharma- und Kosmetikgiganten vereinende FarmaBrasil schätzt, dass die neue Regelung bis 2016 Forschungen und Investitionen in Höhe von umgerechnet etwa 100 Millionen Euro zur Folge haben wird.

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AutorIn: Gabriela Bergmaier Lopes · Bildquelle: Roberto Stuckert-Filho / ABr

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