Hintergründe zur neuen Internetverfassung in Brasilien

Etwa einen Monat ist es nun her, dass Präsidentin Dilma Rousseff die „Marco Civil da Internet“ auf der Internet-Konferenz in São Paulo unterschrieben hat. Am 23. Juni soll dieses Gesetz nun in Kraft treten, doch welche Änderungen ergeben sich letztendlich aus dem neuen Gesetz?

Hintergründe und Inhalt des Internet-Gesetzes

dilma-rousseff-sanciona-marco-civil-da-internetHintergrund der Gesetzeseinführung ist das Bekanntwerden der NSA Spionage, die nicht nur Millionen brasilianischer Bürger betraf, sondern auch Präsidentin Rousseff und den staatlich kontrollierten Erdölkonzern Petrobas. Rousseff verurteile diese Spionageaktivitäten als Verletzung der Menschenrechte und Missachtung der Souveränität Brasiliens. Die „Marco Civil da Internet“ entstand somit durch eine Forderung nach einer Sicherung der Grundrechte im Internet sowie die Sicherung der Neutralität des Netzes.

Brasilianischen Internet-Providern wird es mit dem neuen Gesetz unmöglich gemacht, von Nutzern, die besonders viel Datenvolumen nutzen, mehr Geld zu verlangen, beziehungsweise die Übertragungsgeschwindigkeit zu drosseln. Als einziger Grund, einem Nutzer den Zugang zum Internet zu verwehren, gilt Zahlungsunfähigkeit. Internetverträge müssen aussagekräftig seien und genau darlegen, wofür der Nutzer zahlt. Auch dürfen Provider keine bestimmten Inhalte bevorzugen, sie sind aber auch nicht mehr dafür verantwortlich, welchen Content Nutzer veröffentlichen. Die Provider sind jedoch dazu verpflichtet, private Daten ihrer Nutzer (wie IP Adresse und Abrufszeiten) für eine Mindestdauer von einem Jahr zu speichern. Den Internet-Providern ist es mit dem Gesetz untersagt, mit ausländischen Geheimdiensten zu kooperieren und generell die Daten der User für kommerzielle Zwecke zu missbrauchen.

Misslungen ist jedoch die Durchsetzung des Vorschlags, dass alle ausländischen Unternehmen die Daten brasilianischer Nutzer auf brasilianischen Servern speichern müssen. Die großen Telekommunikationsunternehmen widersetzten sich, und so wurde der Punkt schließlich gestrichen, um das Gesetz mit den Stimmen der Opposition durchbringen zu können.

Vorreiter für mögliche Gesetze auf internationaler Ebene?

Das Gesetz unterstützt die Entwicklung offener technologischer Standards und quelloffener Systeme. Private Nutzer werden durch dieses Gesetz stärker geschützt, Internetunternehmen und Lobbyisten hatten sich jedoch gegen das Gesetz ausgesprochen. Brasilien betitelt sich selbst als Vorreiter und möchte ähnliche Gesetze auch auf internationaler Ebene verwirklicht sehen.

Generell versucht Brasilien seine Internet-Infrastruktur zu verbessern. So bietet etwa der Provider TIM nun Glasfaser Highspeed-Internet an, allerdings nur für wenige Haushalte. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt etwa 2,7 MBs/. Für Brasilien-Urlauber ändert sich mit dem Gesetz nicht viel. Um stets den Überblick über entstehende Kosten zu behalten, ist es ratsamer, sich vor dem Urlaub einen Vertrag für mobiles Internet aus der Heimat zu holen und diesen in Brasilien zu nutzen. So bietet der Provider 1und1 verschiedene Pakete für Internetnutzung im Ausland mittels Surfstick an, die man auf der 1und1 Seite nachlesen und buchen kann.

Ob und wann andere Länder sich ein Beispiel an dem Gesetz nehmen, ist noch unklar. Tatsache ist jedoch, dass das Internet in vielen Ländern, darunter Deutschland, immer noch viele gesetzliche Lücken offenlässt, die es zu definieren gilt.

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