Pataxó

Zuletzt bearbeitet: 4. Dezember 2020

Die Pataxó leben in verschiedenen Dörfern im extremen Süden des Bundesstaates Bahia und im Norden des Bundesstaates Minas Gerais. Es gibt Anzeichen, dass das Dorf “Barra Velha“ schon fast zweieinhalb Jahrhunderte existiert – seit 1767 (siehe Geschichte der Besetzung). Die Pataxó stehen in Kontakt mit den Nicht-Indios seit dem 16. Jahrhundert und waren viele Male gezwungen, ihre eigenen Sitten und Gebräuche zu verbergen – heute bemühen sie sich, ihre Sprache “Patxohã“ und die Rituale der Vorfahren wieder aufleben zu lassen.

Pataxó

Visita à Aldeia Kurãma em São Joaquim de Bicas (MG)
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nach obenName

“Pataxó ist das Wasser des Regens, das auf die Erde fällt, auf die Steine, und dann abfliesst zum Fluss und dem Meer“. (Kanátyo Pataxó, Txopai und Itôhâ, 1997). “Pataxó“ ist die Selbstbezeichnung dieses indigenen Volkes.

Emmerich & Monserrat (1975, S.13) auf der Suche nach den Grenzen der von den so genannten “Gren, Aimoré oder Botocudo“ besetzten Territorien, gestützt auf Simão de Vasconcellos (1886, S. 28), bestätigen, dass Salvador Correa de Sá sie im Jahr 1577 im Gebiet des Rio Doce gefunden hat, “zusammen mit anderen Tapuia-Völkern, wie den “Patachó“, den “Apurari“ und den “Puri“.

Diese Eintragung ist besonders relevant, weil sie die erste genaue Referenz einer Präsenz der Pataxó-Indios darstellt – im geografischen Umfeld ihres traditionellen Territoriums, das heisst, zwischen der nördlichen Peripherie des Rio São Mateus und dem Rio Porto Seguro. Dabei handelte es sich um die meridionalen Pataxó, so wie es aus der anthropologischen Literatur hervorgeht, während der Lebensraum der nördlichen Pataxó – sie nennen sich auch “Pataxá Hãhãhãi“ – in einem Gebiet zwischen den Flüssen Rio Pardo und Rio de Contas beschrieben wird.

Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied verzeichnete gewisse kulturelle Ähnlichkeiten zwischen “Pataxó“ und “Maxacali“, wie zum Beispiel den mit einem Bastband abgebundenen Penis – das kleine Loch in der Unterlippe, in das sie manchmal einen Bambuspflock einzuschieben pflegten – den Haarschnitt nach Pataxó-Mode – die ähnliche Konstruktion der Hütten – und der Gebrauch von Schnupftabak (1958, S. 276-277). Trotzdem ist es wichtig daran zu erinnern, dass diese Eigenschaften unter den indigenen Völkern der Atlantikküste weit verbreitet waren, wie auch der Prinz bestätigte, und viele andere können aus den gegenseitigen Interaktionen übernommen worden sein.

nach obenSprache und umgangssprachliche Situation

“Pataxó“ ist eine Sprache aus dem Stamm “Macro-Jê“ der linguistischen Familie “Maxacali“.

Genauer gesagt, wird diese indigene Sprache nicht mehr benutzt. Die Kommunikation geschieht mittels Portugiesisch, gemischt mit Vokabeln der indigenen Sprache. Obwohl man zur Zeit grosse Anstrengungen macht, die “Patxohã“ – Sprache der Krieger (Bomfim, 2012) – mittels von Chronisten und Reisenden erstellten Aufzeichnungen zu rekonstruieren. Die Gruppe der Pataxó-Forscher, die sich seit 1998 dem Studium dieser Sprache widmet, bezieht sich auf den “Prozess der Wiederaufnahme der Pataxó Sprache“, an dem alle Generationen teilnehmen. Sie verstehen ihn als einen kollektiven, dynamischen Prozess, durch den sie auch die Lebensgeschichte ihres Volkes besser verstehen werden (Bomfim 2012, s.11).

Bis dato wurde das Vokabular, welches die Älteren noch beherrschten, in der indigenen Schule Pataxó, in Barra Velha, von den ersten Lehrern der Kultur, Arawê und Itajá, weitergegeben. Die jungen Pataxó-Lehrer erkennen auch das Pioniertum von Kanatyo an, der stets grosses Interesse an den Kenntnissen der Ältesten zeigte, sowie auch an der Erarbeitung von Gesängen mit Texten in der indigenen Sprache. Die erste Schulgründung in Barra Velha durch die FUNAI, im Jahr 1978, trug entscheidend zur Stimulation seines Interesses bei (Bomfim 2012, s.59). Die Lehre des “Patxohã“ beschränkt sich nicht auf ein Wörterbuch der Sprache, sondern beinhaltet eine weitläufige Sammlung von Informationen, wie Tänze und indigene Gesänge – die von den indigenen Völkern erlebten historischen Prozesse, besonders diejenigen der im extremen Süden Bahias ansässigen Völker, sowie die indigene Identität der Gegenwart.

nach obenAuf dem Weg zur Klassifizierung

1938 machte Curt Nimuendajú, während einer Reise in die Zone zwischen dem Rio de Contas und dem Rio Doce, den SPI (staatlicher Indioschutz) auf eine Gruppe Indios aufmerksam, die ausserhalb seines Wirkungskreises lebten. Es handelte sich dabei um die “Maxakalí“ an den Quellflüssen des Rio Itanhaém (Rio Alcobaça), in Minas Gerais, an der nördlichen Grenze zum Bundesstaat Bahia (Nimuendajú, 1958, s.53). Der Autor hebt hervor, dass die Sprache der Maxakalí jener der “Macuni, Copoxó, Cumanaxó, Pañame“ und “Monoxó“ sehr ähnlich ist, und dass sie eine gewisse Ähnlichkeit mit dem “Pataxó“ und dem “Malali“ aufweist. Er bestätigt ausserdem, dass Von Martius die Sprachen dieser Gruppen, und noch einiger anderer, in der linguistischen Familie “Goytacá“ zusammengefasst hat, und damit eine Verwandtschaft mit dem linguistischen Jê-Stamm verknüpft.

Während Von den Steinen zu der Familie “Goytacá“ nur die von den “Maxakalí, Macuni, Capaxó, Cumanaxó“ und “Pañame“ benutzten Sprachen zählt und, unter Vorbehalt, auch die der Pataxó, die für ihn eine Unterart des Jê-Stammes darstellt. Ehrenreich, Rivet und P. Schmidt behielten seine Klassifikation bei.

Im Jahr 1931 untersuchte der Tscheche C. Loukotka erneut die spärlich existierenden Vokabeln und folgerte daraus, dass diese Sprachen – ausgenommen die der Pataxó – eine vollkommen unabhängige linguistische Familie vom Sprachstamm Jê bilden (Loukotka, 1939).

1971 übergab der Colonel Antônio Medeiros de Azevedo dem Anthropologen Pedro Agostinho eine Liste mit 71 Pataxó-Vokabeln, die er gesammelt hatte, während er seine Truppe kommandierte, die im Jahr 1936 auf dem Posten Paraguassu, im Süden Bahias, stationiert war. Agostinho sammelte seinerseits eine Liste mit 120 Vokabeln während seiner Feldforschung unter den Pataxó von Barra Velha, im Dezember 1971. Kopien der Liste von Colonel Azevedo, der Fragebogen von Agostinho und eine entsprechende Tonbandaufnahme, wurden anschliessend, zum Zweck eines Vergleichs, dem Sprachwissenschaftler Aryon Dall`Igna Rodrigues übergeben, der damals im linguistischen Sektor des Nationalmuseums in Rio de Janeiro wirkte. Rodrigues untersuchte dieses Material und folgerte, dass es sich um eine Sprache der Maxakalí-Familie handele.

Pedro Agostinhos indigene Informanten waren Rufino Vicente Ferreira/Tururim, der 1971 um die 30 Jahre alt zu sein schien und sich auf einzelne Vokabeln beschränkte, fast ausschliesslich Substantive, und sich selten daran erinnerte, dass Verben und Adjektive in der grammatischen Referenz zum Portugiesisch, ebenso wichtig sind – und Vicentina Ferreira, zirka 45 Jahre alt, die nach dem “Feuer von 1951“ von der Kommune “Come-quem-Leva“ nach Barra Velha umgezogen war. Sie liess sich erst in der Isolation einer kleinen Kapelle dazu bewegen, die Fragen des Forschers zu beantworten, nachdem sie Vertrauen in ihn gefasst hatte. Auch sie erinnerte sich vor allem an einzelne Substantive, und schliesslich liess sie sich auf einen kurzen Dialog mit Pedro Agostinho ein, woraus er folgerte, dass das formelle Ergebnis seiner Befragung wesentlich ärmer ausgefallen war, als sie mit ihrer tatsächlichen Sprachkapazität hätte antworten können (Agostinho, 1972, S.81).

Ende der 1990er Jahre, während einer Feldforschung in Comuruxatiba, erfuhr Maria Rosário de Carvalho, dass Vicentina, Tururim und andere Pataxó-Indios sich einige Jahre zuvor in das Maxakalí-Dorf “Àgua Boa“, im Munizip von Santa Helena de Minas, im Nordosten von Minas Gerais, begeben hatten, wo sie etwa einen Monat geblieben waren.

Die kleine Zabelê, damals etwa zehn Jahre alt, wohnte mit ihren Eltern in Barra Velha. Diese, Emílio Ferreira und Maria Salviana, zusammen mit ihren Kindern Patrício und Zabelê, sowie den oben erwähnten, wurden von einem Indio aus Minas Gerais, der sich auf einer Pilgerreise in Arraial Nossa Senhora D’Ajuda befand, eingeladen, seine Maxakalí-Verwandten zu besuchen – und sie nahmen diese Einladung auch prompt an.

Wichtig zu bedenken, im Licht der historischen Beziehungen zwischen den Pataxó und den Maxakalí, dass dieser Besuch nicht ohne Motiv geschah, so wie auch die Präsenz einer Maxakalí-Familie im “Park von Monte Pascoal“, gleich nach der Übernahme durch die Pataxó im August 1999, kein Zufall gewesen ist. Die mündliche Überlieferung der Pataxó bezieht sich andauernd auf die Präsenz von “wilden Indios aus Minas Gerais“, die von Zeit zu Zeit den Rio do Prado herunterkamen und das antike Dorf “Bom Jardim“ (alias Barra Velha) erreichten, um mit den Älteren am Strand Wildbret gegen Fisch zu tauschen. Dieses Tauschgeschäft wurde höchst wahrscheinlich durch die Abholzung unterbrochen, die in der Region geschah und die Maxakalí in die Flucht jagte. “Die Wilden kamen mit Jagdbeute, die sie bei uns gegen Maniokmehl, Fladenbrot, Kokosnüsse und Schnupftabak eintauschten – dann kehrten sie heim zu ihren Hütten“ (Carvalho 1977, s. 93-94).

Während dieses einmonatigen Besuchs bei den Maxakalí lernten Zabelê und die Andern ein paar Vokabeln der Maxakalí-Sprache, an die sie sich erinnerte. Sie bestätigte, dass sie auch von ihrem Vater, Emílio Ferreira, Worte der Pataxó-Sprache gelernt habe, lange vor jener besagten Reise: “Bevor ich dorthin ging, wusste ich bereits einiges von unserer Sprache – als ich dann den „Wilden“ zuhörte, wuchsen meine Sprachkenntnisse“! Daraus kann man unschwer folgern, das Zabelê der Meinung war, sich innerhalb einer einzigen Sprachsituation zu bewegen, deren Vokabeln sich ohne Schwierigkeiten ergänzten.

nach obenPatxohã – die Sprache der Krieger

Gegenwärtig macht man grosse Anstrengungen, das gesprochene Vokalbel-Repertoire zu erweitern und die Sintax (Satzlehre) durch Forschungen zu rekonstruieren, an denen sich Lehrer und Schüler der diversen Pataxó-Kommunen beteiligen. Es handelt sich um einen komplexen Rekonstruktionsprozess, in den vor allem die Jungen viel Zeit und Aufwand investieren. Das “Patxohã“ (Sprache des Pataxó-Kriegers) wird seit den 1990er Jahren in der indigenen Schule von Barra Velha gelehrt. Im Dorf “Coroa Vermelha“, wo die grösste aller Pataxó-Schulen steht, gehört das “Patxohã“ seit 2003 als Pflichtfach zur Grundschule und zum Pflichtfach der Mittelschule seit 2007.

Anari Braz Bomfim bestätigt, dass die Mehrheit der Maxakalí-Lehrer das vom Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied gesammelte linguistische Pataxó-Material wiedererkannten, obwohl bei einem Vergleich mit dem ebenfalls vom Prinzen gesammelten Maxakalí-Vokabular, einige unterschiedliche Vokabeln dabei waren. Darüber hinaus zeigte sich eine Lehrerin sehr bewegt, als sie Termini im Pataxó-Vokabular entdeckte, die noch heute in den ritualen Gesängen der Maxakalí verwendet werden (Bomfim 2012, s.47-48).

nach obenLebensraum

Die Pataxó leben im extremen Süden des Bundesstaates Bahia, in 36 Dörfern innerhalb von sechs Indio-Territorien (ITs) – “Águas Belas, Aldeia Velha, Barra Velha, Imbiriba, Coroa Vermelha“ und “Mata Medonha“ – gelegen in den Munizipien von “Santa Cruz Cabrália, Porto Seguro, Itamaraju“ und “Prado“.

Im Bundesstaat Minas Gerais leben die Pataxó in sieben Kommunen, von denen vier – “Sede, Imbiruçu, Retirinho“ und “Alto das Posses“ – sich im IT “Fazenda Guarani“, im Munizip von “Carmésia“ befinden – “Muã Mimatxi“ in einem Gebäude, das von der FUNAI zur Verfügung gestellt wurde, im Munizip von Itapecerica – “Jundiba/Cinta Vermelha“ im Munizip von Araçuaí und auch bewohnt von den “Pankararu“ – und schliesslich “Jeru Tukumã“ in Açucena.

Die Kommunen von Minas Gerais haben sich, indirekt, aus den Episoden des “Feuers von 1951“ ergeben und durch die Schaffung des Nationalparks von Monte Pascoal, ausserdem später durch die “Anerkennung“ der Pataxó durch die FUNAI im Jahr 1971, was sie in diesen Staat gelockt hat, wo es bereits eine Vertretung des SPI gab, die ihnen Unterstützung gewähren konnte.

Im Juli 2010 besetzten Pataxó-Gruppen des IT “Fazenda Guarani“ das Territorium zweier Naturschutzeinheiten: den Staatspark des Rio Corrente, im Munizip von Açucena, und den Staatspark Serra da Cadonga, im Munizip von Dores de Guanhães. Nach Auskunft der indigenen Führer ging der Streit um die Bereitstellung weiterer indigener Territorien für die Indios, angesichts der unzureichenden ITs und der Erschöpfung der natürlichen Ressourcen.

In Bahia wurde die hier präsentierte Anzahl von Dörfern durch die lokalen Kommunalbehörden und die Anstrengungen indigener Führer, sowie durch sukzessive Feldarbeit mit unterschiedlichen Forschern erreicht. Unsere Aufstellung unterscheidet sich jedoch von jener der offiziellen Organe, aufgrund der den Pataxó eigenen dynamischen, territorialen Besetzung.

nach obenBevölkerung

Mittels des Informationssystems der Indigenen Gesundheitskontrolle (SIASI) bekommen wir aktuelle Daten über die Pataxó-Bevölkerung. Unsere Unkenntnis hinsichtlich der von der SIASI angewendeten Methodik zur Erfassung dieser Daten, erschwert allerdings eine detaillierte Analyse der von den Pataxó präsentierten demografischen Situation. Jedoch vertrauen wir darauf, dass sie angesichts der Menge von Pataxó-Indios, die in den ländlichen Gebieten der Munizipien Itamaraju, Porto Seguro, Prado und Santa Cruz de Cabrália leben, durchaus repräsentativ sind.

Diese Daten der SIASI weisen für das Jahr 2010 ein Gesamt von 11.436 indigenen Bewohnern aus (davon 5.839 Männer und 5.597 Frauen), verteilt auf die Dörfer “Barra Velha, Aldeia Velha, Boca da Mata, Meio da Mata“ und “Imbiriba“, im Munizip von Porto Seguro – Pé do Monte, Trevo do Parque, Guaxuma, Corumbauzinho“ und “Aldeia Nova“, im Munizip von Itamaraju – Coroa Vermelha“ und “Mata Medonha“ im Munizip von Santa Cruz de Cabrália – und schliesslich “Águas Belas, Craveiro, Tauá, Tibá, Córrego do Ouro, Cahy“ und “Alegria Nova“, im Munizip von Prado. Insgesamt 19 Dörfer.

Wenn wir die Gesamtzahl der Landbevölkerung dieser vier Munizipien (in Bahia) vergleichen, die sich nach der Zählung von 2010 auf zirka 50.000 Einwohner beläuft, kommen wir auf ungefähr einen Pataxó-Indio auf fünf Personen dieser Region – etwa die gleiche Proportion von Indios/Landbevölkerung wie im Bundesstaat Amazonas, der die grösste ländliche Indiobevölkerung innerhalb der Föderation besitzt (nach Zählung von 2010).

Im Bundesstaat Minas Gerais hingegen, in den Munizipien Carmésia, Itapecerica und Araçauaí, leben nach SIASI 349 Pataxó (178 Männer und 171 Frauen). Die dort innerhalb der Landbevölkerung dieser Munizipien 1,9% darstellen.

Innerhalb der Aufstellung des offiziellen brasilianischen “Censo Demográfico 2010“ stehen die Pataxó auf der Tabelle 1.14 – indigene Personen, nach Geschlecht, nach Sprachstamm, Sprachfamilie und Ethnie oder Volk – mit einem Gesamt von 13.588 Einwohnern, davon 6.982 Männer und 6.606 Frauen. In der Tabelle 3.1 – in Indio-Territorien lebende Personen indigener Ethnie – sind in Bahia lediglich die Dörfer “Águas Belas (232 Ew), Aldeia Velha (928 Ew), Barra Velha (3.064 Ew), Coroa Vermelha (3.541 Ew), Imbiriba“ (397 Ew) und “Mata Medonha“ (874 Ew)“ aufgelistet. In Minas Gerais erscheint nur die “Fazenda Guarani“ (246 Ew) – Daten des offiziellen IBGE von 2012.

nach obenGeschichte des Kontakts

Die historischen Aufzeichnungen beweisen, dass die Präsenz der Pataxó in der Region zwischen dem Fluss von Porto Seguro und dem Nordufer des Rio São Mateus, im gegenwärtigen Bundesstaat Espirito Santo, bis auf das 16. Jahrhundert zurückgeht.

In jener Zeit waren die Pataxó bereits Ziel von Vorurteilen und Feindseligkeiten seitens der Kolonisten, ausserdem befanden sie sich in ständigem Konflikt mit anderen indigenen Gruppen, von denen viele, gegen den Erhalt von Werkzeugen, durch die Portugiesen angestiftet wurden, sich mit den Pataxó und Botocudo anzulegen, die als besonders widerspenstig gegen die Kolonisation bekannt waren. Alliierte Gruppen der Portugiesen zogen ihren Nutzen aus dieser Situation, denn nach Friedensversprechungen und Bekehrungen zum Christentum pflegten sie den Pataxó und Botocudo “sämtliche Feindseligkeiten und Blutbäder“ zuzuschreiben. (Revista Trimensal de História e Geographia von 1846).

Im Jahr 1757 erschien das “Diretório Pombalino“ – eine Reihe von Verordnungen, welche formell vorsah, die Dörfer der Indios auf eine Regierbarkeit seitens des Staates vorzubereiten, und die den Indios selbst eine strenge Disziplin auferlegte. Der Bezirk Porto Seguro unterstand zwischen 1767 und 1777 der Führung des Landgerichtsrats und Beisitzers der Landesregierung, José Xavier Machado Monteiro, der keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die dort ansässigen Indios machte, die er als “die schmutzigsten und faulsten Brasiliens“ bezeichnete. Er verbot die Benutzung der indigenen Sprachen und bekämpfte die scheinbare Faulheit der Familienoberhäupter, nahm ihnen die Söhne weg, um sie als Arbeitssklaven einzusetzen und verteilte ihre Töchter als Dienstmägde “in die Häuser von ehrwürdigen, weissen Frauen“. Ziel war es, diese Nachkommen “zu zivilisieren“ mittels einer Übernahme von neuen Sitten und einer neuen Sprache, die ihnen in den öffentlichen Schulen ab dem fünften Lebensjahr beigebracht wurde. Die indigenen Familien wurden auf diese Weise aufgelöst, ohne dass man sich je um ihre Interessen und Gefühle gekümmert hätte (Revista do Instituto Histórico Geographico da Bahia von 1968)

Berichte aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sprechen von einer Existenz von zwölf Dörfern mit “wilden Indios“, die im Einzugsbereich des Berges “Monte Pascoal“ lagen. Der Chronist Luis dos Santos Vilhena empfahl damals, die Erhaltung und Erweiterung der Kolonisten-Siedlung “Vila do Prado“, angesichts ihrer Nähe zu den genannten indigenen Dörfern und der Notwendigkeit, die Produktion ihres “äusserst fruchtbaren Terrains“ zu begünstigen und gleichzeitig als Barriere gegen seine Bewohner, die “barbarischen Pataxó“, zu dienen, “die den gesamten Bezirk von Porto Seguro verheeren“ (Vilhena, 1969, s.535).

Vilhenas Information wurde bekräftigt und ergänzt vom Jesuitenpater Cypriano Lobato Mendes, der in einer unbekannten Indio-Mission im Bezirk von Porto Seguro wirkte und im Juli 1788 einen Brief an den Kaiser Dom Pedro II. schickte, in dem er um mehr Aufmerksamkeit für seinen Bezirk ersuchte, den er als den fruchtbarsten und reichsten Boden des Landes bezeichnete. Mendes bezog sich auch auf eine gewisse Goldene Lagune, “in der Nachbarschaft des Monte Pascoal, an deren Ufern, so sagt man, die Pathaxó-Heiden in ihren Dörfern leben, die oft zum Strand kommen, um dort Schildkröten zu fangen . . .“ (Conselho Ultramarino Brasil, 1788).

Diese Lagune ist immer noch ein bedeutender Bezugspunkt für die Pataxó. Und dieses Gebiet wurde, anderthalb Jahrhunderte später, zum Nationalpark Monte Pascoal erklärt, zurück erobert von den Pataxó im Jahr 1999. In seinem Umfeld standen schon damals, und stehen noch heute, mehr als zehn Dörfer, deren Bevölkerung jährlich zwischen dem Ökosystem des Meeresstrandes und dem des Atlantischen Regenwaldes hin und her wandert, um sich mit Nahrung zu versorgen, auf der Basis von Maniokmehl, Fisch, Muscheln und Krustentieren.

1808 befahl der kurz zuvor in Brasilien angekommene Prinzregent Dom João von Portugal dem Landgerichtsrat Luiz Thomaz de Navarro, eine Reise über Land von Bahia nach Rio de Janeiro zu unternehmen, um diese Region kennenzulernen. Als dieser die “Ponta do Corumbau“ beschrieb, eine Landspitze in der Nähe des Monte Pascoal, berichtete er, dass im südlichen Teil noch prächtige Zuckerrohrfelder vorhanden seien, die von den Indios, die einst dort lebten, zurückgelassen worden waren, nachdem sie der Minister José Xavier Machado in die “Vila do Prado“ verlegt hatte (wahrscheinlich im Jahr 1767, oder ab diesem Datum, als die Vila do Prado vom ersten Gouverneur von Porto Seguro gegründet worden war) (Revista Trimensal de História e Geographia, 1846).

Ab 1810 wuchsen die Erwartungen bezüglich einer Ansiedlung der Pataxó in Dörfern. Der neue Gouverneur, José Marcellino da Cunha, glaubte, dass es ihm gelänge, “den Frieden fast allen Heiden bringen zu können, besonders den Patacho“, mit Hilfe einer Einrichtung von verschiedenen Aussenposten (Cerqueira e Silva 1931, S. 56). Verschiedene Indio-Gruppen erschienen dort und überraschten die Besatzer, die diese Besuche in der Regel als freundschaftlich interpretierten und als Wunsch eines regulären Kontakts.

Es erschienen dann Gruppen in Trancoso, ein anderes Mal in Crememuã (heute Caraíva genannt), und später auch im Dorf Comuruxatiba, das vom regionalen Bezirksverwalter dem Engländer Charles Frazer als Residenz überlassen worden war. Dieser bewarb sich später um die Abtretung einer “Sesmaria“ (ein Lehen, nach dessen Zuteilung er verpflichtet war, das Land zu bestellen und Unterkünfte für Menschen und Tiere zu errichten), er erhielt ein Grundstück von “sechs Léguas (zirka 30km) entlang der Küste“, in denen auf seinen Antrag hin, auch die Siedlung Comuruxatiba inbegriffen war (Cerqueira e Silva 1931, S. 56).

In den 1820er Jahren kam der Prinz Maximilian von Wied-Neuwied in Brasilien an, der sich wegen seiner neuen und detaillierten Eintragungen über die Pataxó der Küstenregion zu einer der besten Quellen über dieses Thema entwickelte. Er erwähnte die vorherrschende Präsenz der Pataxó, und sporadisch der Botocudo, in den Wäldern um Mucuri, die auch von “anderen Gruppierungen der Tapuia“ – wie der “Capuchos, Cumanachos, Machacalis“ und “Panhamis“ – und der “Maconi, Malali“ und anderen frequentiert wurden, die sich bereits in Siedlungen an der Grenze zu Minas Gerais niedergelassen hatten (Wied-Neuwied 1958, S.187).

Die vier ersten “Tapuia-Gruppierungen“ hatten sich im Jahr 1815 mit den Pataxó zusammengeschlossen, um die zahlenmässig stärkeren Botocudo zu bekämpfen. Diese Allianz wurde durch kulturelle und linguistische Ähnlichkeiten erleichtert, die eine “direkte Affinität“ stimulierten. Die Pataxó hatten sich zu jener Zeit am Ufer des Rio Mucuri niedergelassen, während andere Völker weiter nördlich, nahe des Rio Belmonte wohnten, unter ihnen auch die Botocudo (Wied-Neuwied 1958, s.187).

Die von Prinz Maximilian angefertigte Beschreibung der indigenen Gruppe, mit der er sich traf und in Vila do Prado Tauschhandel trieb, demonstriert, dass es sich um einen friedfertigen Kontakt mit einer Gruppe Männer handelte, die sich einige Tage zuvor aus dem Wald eingefunden hatten, sie hatten Pfeile und Bogen dabei und brachten Wachskugeln mit sich. Ihr Interesse galt einem Tausch von Waldprodukten gegen die von Nicht-Indios produzierten Güter, wie Messer und rote Stoffe, die sie vom Prinzen erhielten. Ihre Gegenwart, die mehr Interesse erregte als Ablehnung, deutet darauf hin, dass ihre Besuche seit 1813 durch die Vermittlung einer Maxakali-Gruppe, die schon länger mit den Weissen in Kontakt stand, der zivilisierten Bevölkerung vertraut waren (Wied-Neuwied 1958, s.214).

Es gibt Informationen aus dem Jahr 1857 von einer beabsichtigten Verlegung der Indios aus der Vila do Prado zum Nachbarort Alcobaça, die eine Gegenreaktion des Polizeiinspektors von Prado provozierte, der angab, keine entsprechenden Instruktionen vom “Diretor Geral de Indios“ erhalten zu haben. Vier Jahre später, 1861, wurde der Fall erneut aufgegriffen in Verbindung mit einer notwendigen Gründung eines Dorfes am Rio Corumbau, die der Vikar Rodrigo Ignácio de Souza Meneses in einer Korrespondenz an den Präsidenten der Provinz äusserte.

Er schrieb, dass die Gründung eines Dorfes am Rio Corumbau extrem wichtig sei, denn dort in der “wilden Umgegend“ gäbe es hunderte Familien, die zwischen dem Wald und der Vila do Prado hin und her wanderten – ohne feindliche Absichten, aber persistent in ihren heidnischen Gebräuchen (Pinto 1861, s.36). Diese Indios begaben sich stets zum Rio Corumbau um zu fischen, angelockt vom Überfluss an Fischen und Muscheln. Dort errichteten sie ihre Camps und blieben solange, bis sie einen genügenden Vorrat an Fisch gefangen und eingesalzen hatten, um ihn anschliessend in den Wald zu transportieren, wo sie während des anderen Teils des Jahres hausten. Das Territorium von Corumbau stand anschliessend wieder vollkommen leer.

Der Vorschlag des Vikars wurde prompt akzeptiert. Als er am 1. März 1861 mit der Ratsversammlung der Provinz zusammentraf, diskutierte der Präsident Antonio da Costa Pinto den Vorschlag mit den Delegierten, die Indios in einem Dorf am Rio Corumbau anzusiedeln.

Dieses Dorf war das bereits erwähnte “Barra Velha“, traditionell als “Bom Jardim“ bezeichnet, das von den Pataxó bis heute ihr “Aldeia-mãe“ (Mutterdorf) genannt wird. Diese historische Hypothese wurde zuerst von Pedro Agostinho (1974) aufgestellt und danach von Carvalho (1977) unterstützt, der auf der Basis von indigenen Aussagen und einer Beschreibung der Küste durch den “Capitão-mor“ von Porto Seguro im Jahr 1805 (Castro e Almeida, 1918) folgerte, dass die Mündung des Rio Corumbau sich vor dem Dorf befand – dort, wo noch heute das Dorf “Barra Velha“ liegt. Nach diesen Recherchen scheint es zweifelsfrei festzustehen, dass dieses Dorf der Pataxó auf eine Existenz von fast zweieinhalb Jahrhunderten (245 Jahre) zurückblicken kann!

nach obenDas Feuer im Jahr 1951

Im Jahr 1949 reiste der Pataxó-Häuptling Honório Borges nach Rio de Janeiro in der Absicht, den “Serviço de Proteção aos Índios (SPI)“ um Massnahmen gegen die Invasion des Indio-Territoriums (IT) zu ersuchen. Wie sein Sohn Severiano berichtet, der ihn damals noch als Knabe begleitete, traf sich Honório mit Marechal Rondon persönlich und erhielt von diesem das Versprechen, dass man etwas für seine Leute tun werde (Agostinho 1972, s.62).

Zurück in Bahia führten zwei Männer, die der Häuptling Honório Borges in Rio de Janeiro kennengelernt hatte (und die allgemein nur als Leutnant und Ingenieur bezeichnet wurden – ihre Namen sind unbekannt), einen Überfall auf einen Händler der Siedlung Corumbau durch. Der Überfall löste eine Revolte aus, die in einer Katastrophe gipfelte, welche von der lokalen Bevölkerung als “das Feuer von 1951“ bezeichnet wird.

Die Revolte, in die die Pataxó des Dorfes Barra Velha verstrickt waren, führte zu einer blutigen Unterdrückung durch Polizeitruppen aus Porto Seguro und Prado, zum Tod eines Indios und zwei nicht-indigenen Anführern, zur Einkerkerung von 38 Indios, unter ihnen auch der Häuptling Honório Borges, sowie zum Feuer im Dorf Barra Velha, das seine restlichen Bewohner verzweifelt die Flucht ergreifen liess.

Am 11. Juni 1951 erklärte der Kommandant der Truppen, Major PM Arsênio Alves, dass die Revolte politischen und kommunistischen Charakters gewesen sei und, dass er in Barra Velha Listen mit Adressen von Militanten aus Bahia und anderen Staaten gefunden habe (Zeitung “A Tarde“, 11.06.1951). Und was die Verbrennung des Dorfes beträfe, sei dies eine notwendige sanitäre Massnahme gewesen, auf den Rat des Arztes der Polizeitruppe, denn man habe im Innern der Häuser verwesende “… zwei Tage zuvor geschlachtete Rinder…“ gefunden (A Tarde, 11.06.1951).

Nach einer gewissen Zeit kamen die Flüchtlinge dann schubweise zurück. Pedro Agostinho, der Luftaufnahmen von 1957 untersucht hat, entdeckte vier deutlich sichtbare Häuser innerhalb des niedergebrannten Dorfbereichs, und ganz in der Nähe auch zwei neue Lichtungen, von denen er annahm, dass sie für neue Felder angelegt worden waren “Agostinho 1972, S.68). Honório Borges kam nicht wieder zurück, er starb in Canavieiras, wo er sich nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis niedergelassen hatte.

nach obenDie Dörfer

Der Status eines Dorfes stimmt nicht notwendigerweise mit einer vollendeten Regulierung des Grundbesitzes überein, sondern bezieht sich auf die gesellschaftspolitische Organisation mit einem eigenen Häuptling. Jedoch sind andere Elemente ebenfalls von Bedeutung, zum Beispiel die Einrichtung von Schulen in den Kommunen, so wie es der Häuptling von Barra Velha 2006 ausgedrückt hat, um eine “Wiederbesetzung“ vom “Dorf“ zu unterscheiden: “Es ist ein Dorf, wenn es eine Schule hat“ (Miranda 2009, s.34).

Jedes Dorf hat einen Führer, der als “Kazike“ bezeichnet wird, ein externer Fürsprecher der Kommune, und ein interner Schlichter von Querelen. Verschiedene Gründe können dazu führen, dass jemand, in der Regel männlichen Geschlechts, zum Häuptling wird – selten spielt dabei ein erblich erworbenes Nachfolgerecht eine Rolle oder das Vorrecht einer bestimmten Familie, so wie es in Barra Velha der Fall ist, wo die “Ferreiras“ die ersten Häuptlinge nach dem “Feuer von 1951“ stellten – Machadinho, João Vicente und Marcelo –der erste, der zurückkam, war Epifânio Ferreira, er wurde in die Häuptlingswürde erhoben, und seine Tochter Josefa, eine Art von Sprachrohr des Vaters. Gabriele Grossi demonstriert die Konzentration der politischen Macht in Barra Velha innerhalb der Familie Ferreira (2004).

Die signifikante Anzahl der Pataxó-Dörfer heutzutage ist die Folge einer Wiederbesetzung von Parzellen ihres traditionellen Territoriums, welches den Indios in verschiedenen Abschnitten der Geschichte geraubt wurde. Ausserdem gibt es auch in jüngerer Zeit eine Aufspaltung von Dörfern oder Gruppen in politische Fraktionen, die höchst wahrscheinlich auf einer disproportionalen Beziehung zwischen der Personenzahl und den zur Verfügung stehenden ambientalen Ressourcen beruht.

nach obenMündliche Überlieferungen aus der Geschichte

Die Pataxó beziehen sich oft auf die “Abatirá“ (Baquirá oder Abaquirá) und auf die “Habiá“. Erstere sind verbunden mit der “Ponta de Juacema“, wie man diesen Ort nennt, einen Küstenabschnitt von Porto Seguro, wo steile Felswände das Meer begrenzen, zwischen dem Rio do Frade und dem Rio Caraíva. Eine erste Aufzeichnung des Themas von Maria Carvalho stammt aus Barra Velha, im Jahr 1976, einer Zeit, in der die Pataxó noch in totaler Abgeschiedenheit lebten. Beim Versuch, Informationen über “die Geschichte der Antike“ zu erfahren, hörte sie nach einem gewissen Zögern von João Nascimento – damals hoch angesehen als Träger und Verteidiger der Tradition, inzwischen verstorben: “…nach drei Tagen ungefähr kommen Indios und lassen sich in Juacema nieder.

Diese Indios sind von dort oben gekommen. Kommen Indios über die Erde, von oberhalb, mit Bogen, und die Baquirá von unter der Erde… Baquirá ist ein wilder Indianer, wirklich böse. Ich glaube, dass sie unter der Oberfläche wohnen, denn ihr Dorf hat man noch nicht gefunden. Man hat ein Loch gegraben, zwei grosse Löcher… eins an der Küste und eins dort oben. Ich glaube, dass sie das Dorf der Indios, die sich “Baquirá“ nennen, nie entdeckt haben“ (Carvalho 2008, S.17).

Derselbe Informant erklärte zur selben Zeit, dass die Vorfahren zu sagen pflegten, dass diese “Wilden“ herauskamen, um hier draussen Krieg zu machen. Sie kämpften mit Bogen und Pfeilen, das waren ihre Waffen. “In Juacema fing der Indiosohn einen Bem-te-vi (häufiger Vogel) und der “Bem-te-vi“ verursachte einen Krieg. Ein Sohn der Zivilisierten schlug den Indiosohn und nahm ihm den “Bem-te-vi“ weg. Der lief in den Wald, um die Anderen zu rufen, und als sie kamen begann der Krieg. Und die anderen, die “Abaquirá“, kamen aus der Erde hervor. Sie machten Krieg und zerstörten die Juacema. Es gibt noch die Löcher, wo sie herauskamen, die “Abaquirá“. Die Alten erzählen das, und der Beweis sind die Löcher, die immer noch da sind“ (Carvalho 2008, s.18).

Die mündliche Überlieferungstradition der Pataxó wird wiedergegeben von der schriftlichen Tradition der Reisenden, Chronisten und Historiker. Der Prinz Maximilian von Wied-Neuwied kam zwischen 1816-1817 auch an diesen Ort, den er als eine trockene Savannenfläche beschreibt, die man nach hohen Steilufern aus Lehm und Arenit erreicht, gefolgt von einem felsigen Pfad bis nach Juacema. Gemäss der Tradition der lokalen Bewohner, die vom Prinzen aufgezeichnet wurde, gab es in den Anfängen der portugiesischen Kolonisation ein Dorf mit vielen Einwohnern, das “Insuacome“ genannt und zerstört wurde durch den Krieg mit der barbarischen Kannibalen-Nation der “Abaquirá“ oder “Abatirá“. Nach Meinung des Prinzen basierte diese Überlieferung auf den Zerstörungen, die von den “Aimoré“ oder “Botocudo“ der Stadt Porto Seguro zugefügt wurden, die im Jahr 1560 dort einfielen – zur selben Zeit verheerten sie auch Niederlassungen am Ufer des Rio Ilhéus und São Jorge, bis der Gouverneur Mem de Sá dem ein Ende bereitete und sie zurückschlug (Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied 1958, S.221).

Sowohl die “Bakirá“ als auch die “Habiá“ sind lebende Wesen, die Letzteren werden von jenen, die sie sehen können und mit ihnen kommunizieren, als dunkelhäutig beschrieben, der Umgangssprache mächtig, von normaler menschlicher Gestalt und einer besonderen Eigenart: Sie essen kein Salz. Dann gibt es noch den “Somsim-Saperé“, einen Mann mit einem Fuss, der um den anderen geschlungen ist, voller Wunden. Er ist menschlich und unsichtbar. “Caipora“ ist eine Frau, Herrin der Tiere des Waldes. Sie ist eine Zauberin (Hexe), die dem Jäger gefährlich wird, der ein Tier quält und sich bei ihr für die überlassene Jagdbeute nicht bedankt. Weit verbreitet ist auch der Glaube, dass es am Fuss des Monte Pascoal “Tiere in Menschengestalt gibt, die auf dem Boden leben“.

Auch der “Boitatá“ ist ein unsichtbarer Mann, mit Feuer auf dem Kopf. Der “Giburinha“ ist ebenfalls unsichtbar, ein winziges Männchen, das nach seinem Fussabdruck zu urteilen, nur ein paar Zentimeter gross sein dürfte. Aber er liebt die Frauen und schwängert sie. In Barra Velha wurden vier weibliche “Gibura“ geboren. Der Zwerg nagt an der Mangaba, Caxandó oder Guarú (lokale Früchte) – die Frau isst sie… wenn das Neugeborene nicht als Winzling auf die Welt kommt, dann mit spitzen Zähnen – ein Produkt des “Gibura“! Dann gibt es noch eine Art “Nego d’água“, einen verzauberten Wassermann – wenn eine Frau ihn erblickt, taucht sie mit ihm unter und paart sich mit ihm. Seine Haut ist dunkel, wie die einer “Ariranha“ (Fischotter).

nach obenEheschliessung

Nach den Erzählungen einiger älterer Indios, aufgeschrieben von Maria Rosário de Carvalho im Dorf Barra Velha in den 1970er Jahren, heirateten in früheren Jahren Cousin mit Cousine, um die Nation zu erhalten – das hat sich heutzutage geändert. “Damals fällte man einen Baum, hieb daraus ein Stück des Stammes zurecht…. wenn der Bursche ihn auf der Schulter tragen konnte, hatte er das Zeug zum Heiraten. Wenn das Mädchen den Stamm ebenfalls anheben konnte, durfte sie auch heiraten. Wenn er oder sie es nicht konnte… hatten sie zu warten. Die Eheschliessung fand immer unter Verwandten statt… ausserhalb nie, wir waren alle Verwandte“.

Die beschriebene Praxis wurde verstanden als eine Vorbedingung zur Heirat. Sie war gewissermassen ein Test der physischen Kapazität der Anwärter, um ihre beidseitigen Fähigkeiten in Risiko-Situationen unter Beweis zu stellen: “Wenn einer von ihnen im Wald krank werden würde – vielleicht Schmerzen hätte oder von einem Tier gebissen – konnte der Andere ihn auf dem Rücken ins Dorf zurück tragen. Deshalb der Test mit dem Baumstamm“.

Im Dorf “Coroa Vermelha“ hört man häufig Erzählungen, dass in vergangenen Zeiten der junge Mann sein Interesse an einem bestimmten Mädchen dadurch zum Ausdruck brachte, indem er ihr ein Steinchen zuwarf. Bei einer weiteren Begegnung, falls das Mädchen an dem jungen Mann interessiert war, warf sie ihm ebenfalls ein Steinchen zu. Dann fuhren die Verliebten einige Zeit noch mit dem Hin- und Herwerfen der Steinchen fort, solange, bis der Bursche ihr anstelle eines Steinchens eine Blume zuwarf – das war das Heiratsangebot. Darauf folgte eine Unterredung der Beiden mit dem Häuptling, der sich anschliessend zu den Eltern des Mädchens begab, um die Vereinigung zu formalisieren (Castro 2008, s.123).

Der alte João Nascimento erzählte Maria Carvalho 1976, dass zu seiner Zeit ein interessierter Mann um die Hand des von ihm verehrten Mädchens bei ihrem Vater anhielt, dann den Tag der “Vereinigung“ festlegte – in der Regel ein Samstagabend, und “dann vor Freude zu singen und zu tanzen pflegte“. Ausserdem musste der Bursche im Besitz gewisser materieller Werte sein, welche die Fortpflanzung des Paares und eine Überlebensgarantie für die zukünftigen Nachkommen sicherstellte: “Genügend zu essen und eine Unterkunft – kijemi – getrennt von den elterlichen Familien.

Die historischen Ehen pflegten in zartem Alter geschlossen zu werden. Zahllose Frauen sagten, dass sie in den 1970er Jahren “modern und jung“ heirateten. Dieser Ausdruck bedeutet, dass sie von ihrem Ehemann “grossgezogen“ wurden. “Er war bereits ein Mann und ich ein Mädchen – aber ich hatte bereits einen Körper“. In Situationen, in denen Gerüchte über gewisse affektive Beziehungen zu kursieren begannen – “sagten die Leute, dass er mit jenem Mädchen “angebändelt“ hätte – das hiess, dass alle erwarteten, dass die Beiden heiraten würden. Ein sexueller Verkehr vor der Ehe wurde als “Raub“ bezeichnet – und die Kommentare über “Räubereien“ zirkulierten häufig zwischen den Dörfern“.

Gegenwärtig hat man die Praxis des Baumstamm-Hebens bei Zeremonien im Reservat von “Jaqueira“, im Dorf Coroa Vermelha, wieder aufleben lassen. Auf diese Weise werden einige religiöse Eheschliessungen, sowohl in der Katholischen Kirche als auch in einer der zahllosen evangelischen Kirchen im Umkreis des ITs, hinterher noch mit jenem indigenen Ritual besiegelt, gefolgt von einem grossen Fest, welches Indios und Nicht-Indios vereint. Der Bräutigam muss ausser einem Test mit dem Gewicht, das dem seiner Braut entspricht, auch seine Geschicklichkeit mit Pfeil und Bogen beweisen. Nach dieser Prüfung, die von den geladenen Gästen mit Enthusiasmus begleitet wird, leitet der Kazike eine Zeremonie in der Pataxó-Sprache, dem “Patxohã“ ein (Castro 2008, S.123).

nach obenDas Awê-Ritual

Dieses Ritual ist das einzige, welches die Pataxó als “Sache der Vorfahren“ bezeichnen. “Es hat schon immer existiert, und nicht einmal die Grosseltern der Ältesten können sagen, wann es entstand. Es scheint so, dass ein “Awê“ damals aus einer einzigen Mischung von Musik und Tanz bestand. Wenn man heute von einem “Awê“ spricht, dann bezieht sich das auf eine Reihe unterschiedlicher Feste, die auch ganz unterschiedliche Choreographien enthalten, jede mit einem bestimmten Sinn (Grunewald 1999, S.251). Zu einem “Awê“ gehört “Cauim“ und eventuell “Aluá“ – fermentierte Getränke aus gemahlenem Mais oder Schalen von Früchten, wie zum Beispiel der Ananas, und anderen.

Die Existenz des “Toré“ (therapeutisches Ritual) bei den Pataxó wurde stets verneint. “Das “Toré“ gehört zum Norden, nicht zu uns“. Einige Pataxó, zum Beispiel der Schamane Manoel Santana, reagieren äusserst ablehnend auf die Annahme, “Toré“ zu praktizieren, mit dem Argument: “So was kann man nicht einfach kopieren, auf keinen Fall, das ist nicht von uns, und wenn die aus dem Norden zu uns kommen, müssten wir uns schämen, weil wir das nicht singen können. Jeder vertritt das, was ihm gehört. Warum sollten wir etwas von den Andern kopieren“?

Nach einer Beschreibung von Grunewald glaubt der Stammesführer Nelson Saracura, das die Indios von “Coroa Vermelha“ im Begriff sind, “eine antike Zeremonie wieder aufleben zu lassen“, dass diese “Rekonstruktion“ jedoch einem Nicht-Indio nicht gezeigt werden darf, “weil das Ritual mit einem Geheimnis behaftet ist, und dieses Geheimnis bedeutet die Sicherheit unseres Bestehens als indigenes Territorium“. Saracura bestätigt, dass die Kommune von Coroa Vermelha beabsichtigt, “beide Teile“ zu repräsentieren, das heisst, sowohl das “Awê“ (welches aus Barra Velha stammt), als auch das “Toré (aus dem indigenen Reservat “Paraguassu-Caramuru, wo unter anderen Ethnien auch die “Pataxó-HãHãHãe leben, auch Nord-Pataxó genannt) (Grunewald 2008, S.261. Von dieser Auskunft von Saracura muss man jedoch Abstriche machen, denn er selbst ist eigentlich ein “Kariri-Sapuyá“, aus einer Ethnie, die seit 1938 in jenem Reservat ansässig ist, und der höchst wahrscheinlich für eine Vereinigung der beiden Pataxó-Zweige eintritt. Unter den Pataxó von Carmésia, im Bundesstaat Minas Gerais, deuten Aufzeichnungen auf ein Ritual hin, welches offensichtlich grosse Ähnlichkeit mit dem “Toré“ aufweisst (Grunewald 2008).

Was die Beziehungen zwischen den Pataxó von Bahia und denen aus Minas Gerais betrifft, so sind Reisen von Repräsentanten der Bewegung “Kulturelle Mobilisierung“ aus Coroa Vermelha und Barra Velha nach Minas Gerais häufig, in der Absicht, Pataxó-Traditionen miteinander zu teilen. Periodisch begeben sich auch Forscher der Patxohã-Sprache der beiden oben erwähnten Dörfer in die übrigen – inklusive der Dörfer in Minas Gerais – um die dortigen Lehrer in Kursen auf den neuesten Stand der Sprach-Restauration zu bringen und zu kontrollieren, dass die linguistische Identität sich auf einem einheitlichen Niveau bewegt.

nach obenDas Arsgwaksá-Fest

Im Monat August feiert man jedes Jahr das “Arsgwaksá“, ein Fest zum Gedenken an den “Geburtstag“ des “Jaqueira-Projekts“, gleichzeitig verbreitet man die Pataxó-Kultur. Die Festlichkeiten enthalten eine Awê-Präsentation, sportliche Prüfungen, wie ein Rennen mit Baumstämmen und verschiedene Modalitäten der “öffentlichen Präsentation der Pataxó-Kultur“, wie traditionelle Eheschliessungen, denen eine Demonstration der physischen Kraft der männlichen Anwärter vorausgeht. (Neves 2012, S.166-167).

Die so genannte “Semana Santa“ (Osterwoche) bot Gelegenheit zur Präsentation der Kalebassen-Masken (aus Kürbisschalen), eine jede mit einem Eigennamen. “Da gab es einen “Mandu“, ein Wesen mit grossem Kopf, es gab den “Caipora“, einen Waldgeist, und den “Ochsen“… sie alle tanzten in der Osterwoche“. Noch heute handelt es sich um eine Periode, in der man gewisse formelle Gebräuche wieder aufleben lässt, wie zum Beispiel die Älteren mehr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken – vor ihnen kniend den Segen zu empfangen, als Bestätigung der affektiven Verwandtschaft oder der engen Beziehung die den jungen Mann mit dem älteren verbindet : “Ich bitte um deinen Segen, mein Onkel! Mein Grossvater! Mein Pate!” Scheinbar gibt es für die Pataxó keine direkte und wissentliche Verbindung zwischen der Osterwoche – dem christlichen Osterfest der Auferstehung Christi – und dem Fest ihrer Tiermasken. Offensichtlich haben die Versuche einer Missionierung dieses Volkes lediglich zu einer gelegentlichen Verquickung von christlichen und heidnischen Elementen geführt.

Zum Beispiel feiern die Pataxó, bereits aus Tradition, das Fest der “Folia dos Reis” (den Tag der Heiligen Drei Könige) am 6. Januar – den Tag des “São Benedito“ (Sankt Benedikt), am 20. Januar – und den Tag der “Nossa Senhora d’Ajuda“, am 15. August. Im Jahr 1971 registrierte Agostinho, dass sie an Festtagen, besonders zur “Folia dos Reis”, mit Masken aus Kalebassen und Fellumhängen tanzen (Agostinho 1972, S.83).

nach obenFolia dos Reis

Es wird erzählt, dass am Vorabend des Dreikönigstages eine Gruppe der Dreikönigs-Sänger aus Comuruxatiba, im Munizip von Prado, schon seit langer Zeit das Pataxó-Dorf Barra Velha besucht. Sie erscheinen mit einer Fahne und wenden sich zur Kapelle, nachdem sie zuvor von Haus zu Haus gegangen sind, ihren Gesang dargeboten und Almosen gesammelt haben. Nach jedem Besuch eines Hauses schliessen sich die Bewohner dem Zug an, sodass dieser zuletzt die gesamte lokale Bevölkerung zum Gebet vereint – ihr Gesang erklingt zu Ehren des “Divino Espirito Santo“ (des Heiligen Geistes) und wird begleitet von Ukuleles, Tamburins und Trommeln.

Am folgenden Festtag werden auf dem Dorfplatz Zelte aufgestellt, die von Lampen erleuchtet sind. Die Billardtische sind der Mittelpunkt des Interesses der einen Hälfte, während die andere zirkuliert und am Fest teilnimmt. Die Mehrheit der Kinder, Mädchen und Burschen sind in neuer Kleidung erschienen, und sie warten nun auf das Festessen im Haus des “Festeiro“ (dem Veranstalter des Festes – dem Gastgeber, der organisiert und alles bezahlt).

São Benedito
Am 20. Januar begeht man das Fest des Sankt Benedikt, ebenfalls aus Prado stammend. Wieder formiert sich eine Gruppe von Personen, die sich in Richtung auf das Pataxó-Dorf Barra Velha in Bewegung setzen. Die Pataxó gehen ihnen entgegen und begleiten die Gruppe sodann in ihr Dorf – dort begeben sich alle zur Kapelle und singen. Die Besucher werden mit einem ansehnlichen Buffet empfangen – in der Regel gegrilltes Schweinefleisch und Maniokmehl,

Zu Beginn des Festes im Haus des “Festeiro“ (siehe Erklärung oben), animiert von Musik aus Lautsprechern, trinkt man “Cauim“ – sie nennen es auch “Jaroba“. Becher mit diesem fermentierten Getränk werden an die Teilnehmer verteilt. Zur Gärung nimmt man keinen Zucker, sondern den Saft aus dem Zuckerrohr: “Unseren Cachaça (Zuckerrohrschnaps) machen wir selbst. Wir kochen Maniok, füllen sie in einen Behälter und lassen sie so vier Tage lang stehen. Dann ist alles vergoren. Anschliessend schütten wir zwei Büchsen Zuckerrohrsaft dazu und decken es ab. Nach weiteren vier Tagen hat sich alles in Cachaça verwandelt – so wie ein Essig, purer Alkohol“!

Nossa Senhora D’Ajuda
Der Pilgerzug zu Ehren der Schutzheiligen des Munizips “Arraial D’Ajuda” beginnt am 6. August und erreicht seinen Höhepunkt am 15. desselben Monats, wenn man die “Nossa Senhora D’Ajuda” mit einer Messe ehrt, die in der Kirche gleichen Namens stattfindet. Pataxó-Indios der zahlreichen Dörfer in Bahia beteiligen sich seit historischer Zeit an dem Zug der Pilger, in der Absicht, ihre Versprechen des vergangenen Jahres einzulösen. Darüber hinaus lockte das „Heiligtum von Arraial D’Ajuda“ – eines der ältesten des Landes – in den 1970er Jahren Indios an, die von Krankheiten und Hexerei heimgesucht wurden, denn dort hielt sich ein berühmter Heiler auf (Carvalho 2008, s.42).

nach obenJogos pataxó

Die “Indigenen Spiele der Pataxó“ sind ein Sport- und Kultur-Event, der einmal im Jahr in der Kommune von Coroa Vermelha stattfindet, und zwar in der Woche, die dem 19. April vorausgeht. Verschiedene Equipen nehmen an unterschiedlichen sportlichen und kulturellen Modalitäten teil, unter dem bevorzugten Motto, dabei sein ist alles. Die einzelnen Equipen bestehen durchschnittlich aus 20 Personen in einem Alter zwischen 12 und 70 Jahren – die Mehrheit liegt zwischen 15 bis 30. Die Teilnahme der Kinder ist ebenfalls von grosser Bedeutung.

Der erste Event dieser Art fand im Jahr 2000 statt und nannte sich damals “Jogos Indigenas Nacionais“ (Nationale Indio-Spiele), an ihm beteiligten sich die Pataxó. Bei den ersten Events bestanden die einzelnen Equipen nur aus Mitgliedern der Kommune Coroa Vermelha – heute, neben anderen Pataxó-Dörfern, gibt es auch Teilnehmer aus anderen Ethnien des Bundesstaates Bahia.

Der Platz “Praça do Cruzeiro“, er befindet sich innerhalb des ITs von Coroa Vermelha, ist der Austragungsort der Aktivitäten. Die Kommune nutzt ein Feld für Sandfussball, zwischen zwei Kreuzen, und errichtet kleine Hütten rundherum, um dort die teilnehmenden Teams unterzubringen, und legt eine kleine Tribüne an, wo die Sound-Ausrüstung montiert wird. Ausserdem baut man, speziell für diese Veranstaltung, eine mit Stroh gedeckte Küche, wo sich die Teams zum Essen versammeln.

Die Koordination der Spiele ändert sich jedes Jahr, sie besteht aus dem Organisationskomitee und einem Team von Volontären. Die gesamte indigene Kommune wird mobilisiert. Etwa fünfzehn Tage vorher beginnt die Vorbereitung der Equipen, die Erarbeitung des Körperschmucks und das Training der Personen, die an den kulturellen Modalitäten und den sportlichen Disziplinen teilnehmen werden.

Zu den Sportwettkämpfen gehören Wettläufe mit Baumstämmen, Fussball, Bogenschiessen, Speerwerfen, und andere. Zur Parade der “Ihé baixú“ (der schönsten Teilnehmerin) präsentiert jedes Team ihre Kandidatin, unter Begleitung eines “Kakusú“ (Mann, auch Ehemann), es gibt keine Altersgrenze für diese Teilnahme. Der erste, zweite und dritte Platz wird von einer Jury bestimmt.

Obwohl dieses grosse Fest sich “Jogos Pataxó“ nennt, sich also auf sportliche Aktivitäten bezieht, stellt es, de facto, ein besonderes Ereignis dar, aus dessen Miteinander die kulturelle Identität des Volkes gestärkt hervorgeht.

© Maria Rosário Carvalho, Anthropologin, Professorin der Anthropologie an der FFCH der Universität von Bahia (UFBA) – Januar 2013
Deutsche Übersetzung/Bearbeitung Klaus D. Günther
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